Stadtgespräch: "Die werden sich noch über uns ärgern"

Experten beantworteten Publikumsfragen.
Politiker und Verkehrsexperten diskutierten mit KURIER-Lesern über Radler und Autolenker.

Seit einem Monat beschäftigt sich der KURIER eingehend mit dem Thema Radfahren in der Stadt und damit, wie man den Radverkehr sicherer machen kann. Zum Abschluss der Serie konnte sich nun auch Verkehrsteilnehmer aktiv an der Debatte beteiligen. Montagabend beantworteten im KURIER-Stadtgespräch die Politiker Christoph Chorherr (Grüne) und Elisabeth Olischar (ÖVP) sowie der städtische Radbeauftragte Martin Blum und Sebastian Obrecht vom ARBÖ Publikums-Fragen.

Die Diskussion fand im Café Sperl statt, nahe des umstrittenen Bauprojekts am Getreidemarkt, wo derzeit eine Auto- zur Radspur umgestaltet wird. Die Wiener ÖVP war von Anfang an gegen diese Umbaumaßnahme und sprach damit vielen Zuhörern aus der Seele. Auch ARBÖ-Mann Sebastian Obrecht versteht die Planung nicht: "Man hätte den Radweg über die Nibelungengasse führen und so die Fahrspuren für Pkw erhalten können." Für diesen Vorschlag erntete der ARBÖ-Sprecher herbe Kritik von den Radlern im Publikum: "Ich bin täglich in der ganzen Stadt mit dem Fahrrad unterwegs. Es ist wichtig, dass die Radwege so ausgebaut werden, dass das für mich sicher ist und ich mich ohne große Umwege in der Stadt bewegen kann", sagte Zuhörerin March Höld.

Wahlmöglichkeiten

Der grüne Gemeinderat Christoph Chorherr und Radbeauftragter Martin Blum untermauerten dieses Argument: "Der Autoverkehr in Wien nimmt seit Jahren ab. Da ist es logisch, in den Radverkehr zu investieren", sagte Chorherr. Blum ergänzte: "Eine richtige Trennung zwischen Autofahrern und Radfahrern existiert eigentlich nicht, denn viele nutzen beide Verkehrsmittel. Durch den Ausbau hat man die Wahlfreiheit, womit man fahren will. Die Aufregung um den Getreidemarkt wird sich legen."

Die Uneinigkeit zwischen Radfahrern und Pkw-Lenkern zog sich durch das ganze Stadtgespräch, dass der KURIER in Kooperation mit ORF Wien heute veranstaltet hatte.

"Was mich als Autofahrer stört, sind Radler die glauben, sie können sich alles erlauben. Gerade auf dem Weg her ist mir wieder einmal ein Mann mit dem Rad auf dem Gehsteig begegnet", erzählte ein Zuhörer. Chorherrs Reaktion: "Ein Trottel bleibt ein Trottel – egal ob auf dem Fahrrad oder im Auto. Die objektive Gefährdung geht aber trotzdem eher vom Autofahrer aus." Nummertafeln und Versicherungspflicht für Radfahrer findet der grüne Stadtpolitiker daher unsinnig.

Ein weiteres Streitthema, das zur Sprache kam, waren die Pläne rund um einen Ausbau der Fahrradwege an der Roßauer Lände. Elisabeth Olischar: "Warum will man entlang der Rossauer Lände eine Spur entfernen, obwohl wenige Meter daneben der Donaukanal mit einer Fairnesszone entlang führt?"

Angekündigter Ärger

Der verbale Konter von Christoph Chorherr: "Wir werden in der Zukunft in Fußgänger, Öffis und Radfahrern investieren und wollen weniger Raum für Autofahrern schaffen. Ich kann mir vorstellen, dass sich der eine oder andere Autofahrer noch über uns ärgern wird"

Ärgern würden sich viele Radfahrer über eine Helmpflicht. Sebastian Obrecht sprach das Thema an, wurde von Radfahrbeauftragten Blum aber in die Schranken verwiesen. "In puncto Verkehrssicherheit gibt es wichtigere Themen." Demnach sollten alle Maßnahmen vermieden werden, die vom Radfahren abhalten.

Die letzte Frage richtete sich wieder an Chorherr. "Warum werden bei solchen Projekten so selten die Bürger befragt?" Chorherr: "Ich halte es für besser wenn Politiker, die gewählt wurden, schlussendlich auch Entscheidungen treffen. Eine Bürgerbefragung zu jedem einzelnen Verkehrskonzept ist nicht sinnvoll."

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