Stadt Wien plant energieautarkes Stadtviertel in Rothneusiedl

Stadt Wien plant energieautarkes Stadtviertel in Rothneusiedl
Energieeffizienz, Klimaresilienz und intensive Bürgerbeteiligung sollen die Leitlinien des Planungsprozesses am südlichen Stadtrand bilden.

18 Jahre ist es her, dass Rothneusiedl am südlichen Stadtrand erstmals als mögliches Zielgebiet der Stadtentwicklung angeführt wurde. Jetzt ist es so weit: Wo sich heute noch Wiesen und Felder erstrecken, sollen in zehn Jahren die ersten von rund 21.000 Menschen einziehen.

Die Eckpunkte des Projekts, das am Freitag offiziell präsentiert wurde, waren zum Großteil bereits bekannt: Auf einer Fläche von 124 Hektar – das entspricht der halben Fläche der Seestadt Aspern – soll nördlich der S1 ein neuer Stadtteil entstehen, wobei Energieeffizienz und Klimaresilienz ganz oben auf der Aufgabenliste stehen, wie die SPÖ-Stadträte Ulli Sima (Stadtplanung) und Peter Hanke (Finanzen) betonten.

"Klima-Pionierquartier"

40 Hektar des Projektgebiets sind für Grün- und Freiflächen reserviert. Unter anderem soll sich ein bis zu 100 Meter breiter Grüngürtel vom Liesingbach im Norden durch den gesamten neuen Stadtteil bis zu den Feldern südlich der S1 ziehen; 4.000 Bäume sollen frühzeitig gepflanzt, möglichst viele Dächer begrünt und Regenwasser lokal versickert werden.

Stadt Wien plant energieautarkes Stadtviertel in Rothneusiedl

Die Pläne gehen aber weit über Begrünung hinaus: In Süd-Favoriten soll ein „wahres Klima-Pionierquartier“ entstehen, Bezirksvorsteher Marcus Franz (SPÖ) spricht gar von einem „EU-weiten Vorzeigestadtteil“.

So soll Rothneusiedl energieautark errichtet werden, sprich: die gesamte Wärme- und Kälteversorgung aus erneuerbarer Energie (Wärmepumpen, Geothermie, Photovoltaik) erfolgen und über ein lokales Netz verteilt werden.

Erst die U-Bahn, dann die Menschen

Auch für die Öffi-Anbindung wird gesorgt sein: Wie schon im Fall der Seestadt soll die U-Bahn noch vor den ersten Mieterinnen und Mietern da sein. Die Abzweigmöglichkeit für einen zweiten U1-Südast wurde bei der Erweiterung nach Oberlaa schon mitgedacht.

Stadt Wien plant energieautarkes Stadtviertel in Rothneusiedl

Von links: Finanzstadtrat Peter Hanke, Planungsstadträtin Ulli Sima, Neos-Stadtentwicklungssprecherin Selma Arapovic und Bezirksvorsteher Marcus Franz

Zwar gibt es noch keine Finanzierung (traditionell zahlt der Bund 50 Prozent des U-Bahn-Baus) für die 2,5 Kilometer lange, oberirdisch angedachte Strecke, Hanke ist diesbezüglich aber optimistisch.

Arbeitsplätze vor Ort

Im besten Fall sollen die künftigen Rothneusiedlerinnen und Rothneusiedler aber ohnehin vieles vor Ort erledigen und vor allem auch dort arbeiten können – Stichwort: Stadt der kurzen Wege. So soll einerseits ein „Stadtwerke-Cluster“ rund um die Energieversorgung entstehen, andererseits wird die Wirtschaftsagentur Flächen für mögliche Betriebsansiedlungen ausfindig machen.

Damit all diese Ziele und Vorhaben am Ende auch umgesetzt werden, wird beim Wohnfonds ein Qualitätsbeirat eingerichtet – ein laut Sima „monumentaler Schritt“. In der Vergangenheit habe man immer wieder das Problem gehabt, dass „viele tolle Dinge“ geplant wurden, die dann dem Sparstift zum Opfer gefallen seien. Der Beirat soll nun dafür sorgen, dass sich das nicht wiederholt.

Breite Beteiligung

Nicht zuletzt, weil die Bebauung der bisher vor allem landwirtschaftlich genutzten Fläche seit Langem umstritten ist, soll auch die Bürgerbeteiligung auf eine neue Ebene gehoben werden. So wird ein „Zukunftsteam Rothneusiedl“ aus 14 ausgelosten Bürgerinnen und Bürgern sowie sieben Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Landwirtschaft und Bürgerinitiativen gebildet, das eng in die Leitbildentwicklung eingebunden werden soll (siehe Infobox unten).

Leitbild bis 2025
Im März startet ein Wettbewerb, dessen Sieger bis 2025 das städtebauliche Leitbild erstellen soll

Baubeginn 2030
Danach geht es an die Erstellung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne, ab 2027 an die Detailplanung und ab 2030 an die Umsetzung – eine positive Umweltverträglichkeitsprüfung vorausgesetzt

Als Informationsdrehscheibe soll zudem der im Norden des Projektgebiets liegende „Zukunftshof Rothneusiedl“ dienen. Seit 2020 wird dort im Verbund von Wissenschaft, Politik, Landwirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft über mögliche Verbindungen von Stadt und Landwirtschaft nachgedacht. Das soll auch so bleiben, wünschen sich Stadt und Bezirk doch auch weiterhin innovative Landwirtschaft vor Ort.

Zusätzlich wird der alte Gutshof nun zum offiziellen Anlaufpunkt für die Stadtentwicklung. Der Auftakt erfolgt am 10. und 11. März: Im Rahmen des „Rothneusiedl-Open-Air“ kann man sich bei lokaler Kulinarik über die Pläne informieren.

 

Weitere Projektinformationen und Informationen zum Beteiligungsverfahren: rothneusiedl.wienwirdwow.at

Zukunftshof Rothneusiedl: zukunftshof.at

Kommentare