Es ist eine komfortable Ausgangsposition, die Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat. Noch vor dem Sommer will er eine Stadtregierung gebildet haben und dafür stehen ihm gleich drei Türen offen. Sowohl der vorangegangene Koalitionspartner Neos als auch Grün und ÖVP haben sich eindeutig festgelegt, Regierungsverantwortung übernehmen zu wollen.
Die FPÖ wurde von Ludwig ausgeschlossen, das hat er einmal mehr beim 1. Mai-Aufmarsch bekräftigt. Am Mittwoch haben bereits Sondierungsgespräche mit den Pinken stattgefunden, am heutigen Freitag sind ÖVP und Grüne im Rathaus geladen.
Nachdem es aus dem Umfeld der SPÖ geheißen hatte, dass bis Ende dieser Woche schon eine Entscheidung fallen soll, mit wem Koalitionsgespräche geführt werden, und die SPÖ-Gremien am Montag zusammentreten, dürfte man bei den Roten optimistisch sein, dass die Entscheidungsfindung nicht allzu schwierig verlaufen wird.
Würde man Pro-Kontra-Listen ausfüllen, könnte man bei allen drei Parteien in beide Spalten etwas hinschreiben. Die Ausgangslage der Parteien:
Die Koalition in den vergangenen fünf Jahren zwischen SPÖ und Neos hat weitgehend reibungslos funktioniert. Darum wird von vielen eine Neuauflage dieser Konstellation als am wahrscheinlichsten betrachtet. Dafür spricht auch , dass mit Christoph Wiederkehr, der vom Vizebürgermeister zum Bildungsminister avanciert ist, neben dem roten Infrastrukturminister Peter Hanke ein weiterer mächtiger Wiener Alliierter im Bund sitzt. Das Thema Bildung könnte man also gemeinsam besser aufstellen.
Die Neos könnten allerdings in den nächsten fünf Jahren selbstbewusster auftreten. Sie haben als Regierungspartei in Wien dazugewonnen und haben im Bund Verantwortung übernommen. Dazu kommt, dass die schulischen Probleme aufgrund der Weltenlage, Stichwort Familiennachzug und Deutschkenntnisse, die Neos quasi überrollt haben: Für anderes, wie etwa das Kernthema Transparenz, blieb kaum Zeit. In weiteren fünf Jahren müssten sie lauter (und damit unangenehmer) auftreten.
Nach dem Wahldebakel der ÖVP hatte man sie als möglichen Koalitionspartner kaum noch auf dem Zettel, jetzt haben sie sich durch einen klugen Schachzug wieder ins Spiel gebracht. Der enge Freund Ludwigs, Wiens Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck, ist im Sondierungsteam.
Es ist für beide die voraussichtlich letzte Legislaturperiode – gemeinsam Wien zu gestalten, könnte ein Anreiz sein. In der schwierigen budgetären Lage wäre Wirtschaftskompetenz auch ein Argument für diese Variante. Döblinger Bezirkschef Daniel Resch als möglicher Vizebürgermeister wäre zudem ein Zugeständnis an die Flächenbezirke, wo eine Mehrheit gegen die FPÖ immer am meisten wackelt. Dagegen spricht, dass die ÖVP der große Wahlverlierer war und dass die Partei intern zerstritten scheint. Ein etwaiges Hindernis für den auf Stabilität bedachten Ludwig.
ÖVP-Joker: Die Freundschaft von Michael Ludwig mit Walter Ruck.
Starke Grüne
Grünen-Chefin Judith Pühringer hat sich im Wahlkampf selbst Klimasozialdemokratin genannt – für sie sind rote und grüne Thema eine perfekte Ergänzung. Zudem haben die Grünen im Vergleich zu den beiden anderen Parteien mehr Stimmen gewonnen – damit hätte diese Variante die stabilste Mehrheit. Die Grünen sind allerdings nicht dafür bekannt, sich ruhig zu verhalten. Die Vorstellungen, besonders im Klimabereich, gehen teilweise auseinander – etwa beim Lobautunnel.
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