Sharing im Häuserblock: Projekt soll Nachbarn mehr vernetzen
Ein Auto, eine Dachterrasse oder auch Räumlichkeiten zu teilen, ist an sich nichts Neues. Sharing-Projekte werden in der Stadt immer beliebter. Ein Forscherteam will die Möglichkeiten des Tausch-Geschäftes in Wiener Wohnhäusern noch erweitern und Nachbarschaften so mehr vernetzen.
Unter dem Motto "Wer teilt, bekommt mehr" werden bei dem Projekt "Pocket Mannerhatten" nicht nur Gegenstände, sondern auch Flächen, Räume oder auch Nutzungsrechte getauscht.
"Es ist schade, dass in einer Stadt die bestehenden Flächen immer nur die Bewohner eines Gebäudes nutzen dürfen", sagt die Projektmanagerin Julia Beck. Diese Grenzen wolle man überwinden.
Der Architekt Florian Niedworok hatte im Rahmen seiner Diplomarbeit das Projekt entwickelt. Gemeinsam mit Julia Beck von der Ottakringer Firma Tatwort wurde es nun in einem ersten Pilotprojekt in einem Häuserblock (Koppstraße, Liebhartsgasse, Fröbelgasse und Hasnerstraße) in Ottakring umgesetzt.
Eine Photovoltaik Anlage für alle Anrainer
Ein Projekt wurde im Pilotgebäude in Ottakring bereits umgesetzt - eine gemeinsame Photovoltaik-Anlage. Sie stehe laut Beck nun auf einem Wohngebäude, in dem nur vier Wohnungen sind, man könne mit der Anlage aber Strom für elf Wohnungen erzeugen.
Nachbarn aus der näheren Umgebung können nun ihren Strom von dort beziehen. Alles was sie dafür tun müssen, sei den Energieanbieter zu wechseln. Finanziert wurde die Anlage von den Eigentümern. Die ersten Anrainer würden es bereits nutzen.
Carsharing im kleinen Kreis
Zudem wurde ein Auto eines Bewohners, das bisher nur herumstand, zu einem gemeinsamen Fahrzeug umfunktioniert und kann nun von jedem aus der Nachbarschaft genutzt werden. Geplant sei noch einen Kellerraum umzugestalten und eine Fassaden- und Innenhofbegrünung.
Aber warum gerade dieses Haus? Ottakring hat sehr viele Häuserblöcke aus der Gründerzeit, daher habe man sich für den Bezirk als Start entschieden.
In einem ersten Schritt wurden die 250 Gründerzeithäuser in Ottakring - vom Gürtel bis zur Maroltingergasse - grob analysiert. Bei 50 der Häuser sei das Potential hoch gewesen. Gemeinsam mit den Eigentümern wurde in Workshops erarbeitet, welches Gebäude geeignet wäre. Nach dem auch die Bewohner mit einbezogen wurden, fiel die Entscheidung auf diesen Häuserblock.
Ein Geben und Nehmen
Dafür, dass sich die Menschen beim Projekt einbringen, würden sie sich wünschen, dass diese "einen Ausgleich von öffentlicher Hand bekommen". Der Ausgleich müsse dabei nicht finanziell sein, das könne zum Beispiel sein, dass "jemand der seinen Hof für alle öffnet, seinen Balkon dafür bis an die Grundgrenze bauen darf".
Ziel des Projektes sei es, den Prozess des Tauschens zu automatisieren. In naher Zukunft wollen die Beteiligten ein Handbuch erstellen, wo man Beispiele nachsehen kann, die auch rechtlich gesichert sind. "Ziel ist es, dass dieses automatisierte System einmal ein Selbstläufer wird", sagt Beck.
Die Visionen des Teams sind groß: "Würde in jedem gründerzeitlichen Stadtblock in Wien beispielsweise ein gemeinsam genutzter Dachgarten von lediglich 100 Quadratmetern entstehen, wären das ca. 280.000 Quadratmeter, also eine Fläche, die drei Mal so groß ist wie der Wiener Stadtpark."
„In einer wachsenden Millionenstadt gilt es künftig nicht nur die Nutzung bestehender Objekte zu optimieren, sondern vor allem das Zusammenleben zu fördern“, sagt Bezirksvorsteher Franz Prokop (SPÖ) über das Projekt.
Es läuft noch bis April. Das nächste Projekt sei jedoch schon in Vorbereitung.
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