Baumeister mit Visionen
Sein Vorfahre trug – wie viele Ehrenmänner seiner Zeit – ausgewählte Anzüge und einen stets gepflegten Bart. Als Architekt und Baumeister war er für die in Wien ansässige und auch hoch angesehene Baugesellschaft Union tätig. Die führte eine Vielzahl von prestigeträchtigen Bauwerken in Österreich aus, darunter auch einige städtebauliche Juwelen an der Ringstraße.
Theophil von Hansen, Gottfried Semper, Heinrich von Ferstel oder Carl Freiherr von Hasenauer: Diese vier Namen fallen meist, wenn es um die Urheber der Prachtbauten am Wiener Ring geht. Ihre ausführende Hand, der Kollege Conrad Rumpf, wird hingegen nur selten genannt.
„Dabei war die Union in immerhin vierzig Prozent der Gebäude am Ring involviert“, weiß der stolze Urenkelsohn. So war Conrad Rumpf zum Beispiel beim Bau des Reichsratsgebäudes, heute besser als Parlament bekannt, dabei, auch bei der Fertigstellung des neuen Hofburg-Teils, des Hotel Sacher oder der Akademie der Bildenden Künste.
Von Kaiser Franz Joseph bekam der Stadtbaumeister Conrad Rumpf das Goldene Verdienstkreuz verliehen, der weltbekannte Architekt Theophil von Hansen schenkte ihm einen schönen Siegelring.
Der Ausführende war aber auch ein Visionär, wie ein schmales Büchlein aus dem Jahr 1901 beweist. Der ungewöhnliche Buchtitel „Eine kommende Wiener Frage“ macht zunächst neugierig. Conrad Rumpf will damit auf die Feinstaubbelastung im Wien der Jahrhundertwende aufmerksam machen.
„Diese ging von den damaligen Kopfstein- bzw. Holzstöcklpflaster aus“, zitiert Rumpf junior aus dem Buch. Sein Vorfahre plädierte daher dafür, Wiens Straßen künftig öfters zu asphaltieren. Der Anteil des in der Monarchie noch modernen Baustoffs lag in Wien bei nur fünf Prozent.
Tischler mit Visionen
Der 1845 in Frankfurt am Main zur Welt gekommene Architekt starb 1932, in der Josefstadt. Dort wuchs rund 25 Jahre später auch dessen Urenkelsohn auf: „Als eines von sechs Kindern in einer Wohnung mit 70 m2.“ Mit einem weiteren Satz seiner Mutter im Ohr („Lern was G’scheites“) schloss er die Lehre als Kunsttischler ab.
Als junger, künstlerisch begabter Mitarbeiter jener Wiener Emailschmuckfirma, die dann unter dem Namen Frey Wille weltweit bekannt wurde, eignete sich Johann Rumpf danach viel Know-how für den Siebdruck an.
Und er begann zu malen. Das künstlerische Credo lässt sich an den Wänden in seinem Haus im Westen von Wien, das er im Wesentlichen selbst geplant hat, relativ leicht erahnen: „Die Kunst ist mein Leben, ich liebe die Farben.“
Im Jahr 1976 machte er sich selbstständig. Mit seinem Kunsthandwerk und klugem Eigenmarketing hat Johann Rumpf über fast fünfzig Jahre gutes Geld verdient. So wurde erst jüngst der von ihm entworfene und ausgeführte Hochlehnsessel im Wiener Dorotheum zum Startpreis von 1.900 Euro angeboten.
Seine bunten Bilder auf Glas, sein Glasschmuck und seine Glaskugeln (öfters mit abstrakten, aber auch mit klassischen Wiener Motiven) folgen ebenfalls einer Vision, die könnte lauten: Lasst uns ins Grau einer zunehmend bedrohlichen Welt ein wenig Fröhlichkeit zaubern!
Woher die Liebe stammt
Auf die Frage, warum er vor acht Jahren damit begonnen hat, zeitintensiv zu einem bis dato unbekannten Wiener Stadtbaumeister zu forschen, meint Künstler Rumpf: „Ich habe mich oft gefragt, woher die große Liebe zu meinem Beruf kommt. Was ich dann alles über den Urgroßvater gefunden habe, beweist mir, dass ich doch einiges von ihm übernommen habe.“
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