Sisis Hofjuwelier: „Schmuck ist nicht nur schön, er erzählt Geschichte“

Ein Porträt von Kaiserin Elisabeth von Österreich in einem weißen Ballkleid.
Diamanten, Diademe und Dynastie: Eine Sonderausstellung im ungarischen Schloss Gödöllő erzählt die Geschichte des ehemaligen Hofjuweliers Köchert und zeigt, wie Schmuck Geschichte schreibt.

Von Franziska Trautmann

In einer blauen Samt-Schatulle glitzern 27 Diamantensterne. Einst schmückten sie das Haar der österreichischen Kaiserin Elisabeth (Sisi), heute zählen sie zu den ikonischsten Schmuckstücken der Habsburgerzeit. Zwar liegt in der Vitrine nicht das Original-Set, sondern eine Replika, es funkelt aber nicht weniger prachtvoll. 
Entworfen wurden die Sterne damals vom Wiener Juwelier Köchert, der sie heute in seiner Schmuck-Ausstellung neben anderen Prunkstücken präsentiert. Bis 6. April ist im ungarischen Schloss Gödöllő in der Nähe von Budapest eine Sonderausstellung über die Geschichte des ehemaligen k.u.k. Hof- und Kammerjuweliers Köchert zu erleben. Mehr als 200 Jahre werden anhand von Schmuckstücken erzählt. Zuletzt stand Köchert global im Blickpunkt, weil das Haus die Echtheit der verschollenen Habsburg-Juwelen bescheinigte (siehe Info-Kasten).

Juwelen mit Bedeutung

Kuratorin und Historikerin Beatrice Austerlitz führt durch die barocken Prunkräume und berichtet von den Anfängen des Hauses Köchert 1814. In rot ausgelegten Vitrinen liegen juwelenbesetzte Schmuckstücke, an den Wänden darüber hängen die Originalzeichnungen. Austerlitz erklärt, wie Schmuck damals angefertigt wurde und wie er sich über die Jahre verändert hat. Von goldenen Zeptern bis zu funkelnden Diademen begegnet man in jedem Raum einem Stück Geschichte. 
Neben dekorativer Funktion erfüllt Schmuck laut Austerlitz auch einen anderen Zweck: Repräsentation. Macht, Rang und politische Affinität wurden damals damit ausgedrückt – eine Funktion, die sich bis heute zieht. Ein Beispiel ist der Wandel nach der Krönung des österreichischen Kaiserpaars zum ungarischen Königspaar. Am Wiener Hof gaben immer mehr Menschen Schmuck in den Farben der ungarischen Flagge in Auftrag – rot, weiß, grün. Laut Austerlitz zeigten sie damit ihre Verbundenheit zu Ungarn und zum Kaiserpaar.  „Das sind Stücke, die Zeitgeschichte abbilden“, erklärt Austerlitz.

Schmuck in einer Vitrine

Die 27 Diamantensterne sind ein ikonisches Sück aus der Habsburgerzeit.

Und wie eng Schmuckstücke mit persönlichen Lebensgeschichten verbunden sind, zeigt eine goldene Hansen-Brosche. Kaiserin Sisi schenkte sie einer ihrer Hofdamen, und als deren Familie vor der Roten Armee fliehen musste, konnten sie nicht alles mitnehmen und vergruben einige Wertgegenstände.
Über Generationen erzählte man sich die Geschichte unter einem bestimmten Zedernbaum und versuchte, die Brosche wiederzufinden. Tatsächlich wurde Jahre später mithilfe eines Metalldetektors eine Box mit der Hansen-Brosche von der Familie entdeckt, heute ist sie Teil der Ausstellung und Zeitgeschichte.
Laut Austerlitz begann die Planung bereits vergangenes Jahr: „Vor circa einem Jahr ist das Museum mit der Idee für diese Ausstellung an uns herangetreten. Ab Februar hat dann die intensive Arbeit begonnen.“

Ausgestellte Brosche

Hinter der Hansen-Brosche steckt die Familiengeschichte einer Hofdame der Kaiserin.

Sie spricht stolz über die Vorbereitungen, verschweigt aber auch die Probleme nicht: „Es gab schon ein paar Herausforderungen beim Konzipieren der Ausstellung. Es war zum Beispiel schwierig, die Lichtanzahl zu berücksichtigen, damit das Material der Stücke keine Schäden nimmt. Die Ausstellung muss Museumsstandards erfüllen.“ Auch der Transport mancher Schmuckstücke aus dem Ausland sei schwierig gewesen. Denn ungefähr die Hälfte der Ausstellungsobjekte ist aus dem eigenen Archiv von Köchert, die andere von privaten und institutionellen Leihgebern weltweit. 

Sisi-Double bei Eröffnung

Neben der Ausstellung selbst spielt auch der Ort eine große Bedeutung. Schloss Gödöllő ist eine ehemalige Residenz des österreichischen Kaiserpaares – insbesondere Sisi verbrachte hier sehr viel Zeit. Das hoben die Veranstalter bei der Ausstellungseröffnung  hervor: Vor rund 450 internationalen Gästen trat eine Sisi-Darstellerin mit den berühmten Diamantensternen im Haar und in weißem Kleid auf.  Karl Habsburg-Lothringen eröffnete die Ausstellung auf Ungarisch, und  die jetzigen Eigentümer Christoph, Wolfgang und Florian Köchert dankten ihrem Team. 
Beatrice Austerlitz wünscht sich, dass  „Besucher einerseits sehr viel Freude mitnehmen, sich aber andererseits auch überraschen lassen, was im Haus Köchert schon alles entstanden ist“.

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