Verschollener Habsburg-Schatz aufgetaucht: Aber wem gehören die Juwelen?

Kaiser Karl I mit seiner Frau Zita
Mehr als 100 Jahre nach dem Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie sind in Kanada einige der wertvollsten Schmuckstücke aus dem Haus Habsburg aufgetaucht. Die Republik will den Besitzanspruch prüfen.

Die sensationelle Meldung ging am Donnerstag um die Welt, die New York Times brachte sie ebenso wie der Spiegel: Mehr als 100 Jahre nach dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie tauchten in einem Banksafe in der Provinz Quebec einige der wertvollsten Teile des kaiserlichen Habsburger-Schmucks auf, darunter der sagenumwobene „Florentiner“, ein Riesendiamant von unschätzbarem Wert sowie weitere persönliche Gegenstände Maria Theresias, Königin Marie-Antoinettes und der Kaiserin Elisabeth.

Laut Familie Habsburg soll die Sammlung für alle Zeiten in Kanada verbleiben, es ist allerdings umstritten, ob sich die Juwelen überhaupt im Eigentum der Habsburger befinden oder der Republik Österreich gehören.

Zwei Vitrinen entleert

Zur Vorgeschichte: Kaiser Karl I. rechnete rund zwei Wochen vor dem tatsächlichen Ende der Monarchie offensichtlich damit, dass seine Tage auf dem Thron der Habsburger gezählt wären. In dieser Situation schickte er einen seiner engsten Mitarbeiter, Leopold Graf Berchtold, am 1. November 1918 mit dem Auftrag in die kaiserliche Schatzkammer, die gesamte Vitrine XIII mit den Kronjuwelen und Teile der Vitrine XII zu entleeren und den Inhalt in mehreren Koffern zum Michaelerplatz zu bringen.

Dort wartete bereits ein Auto mit laufendem Motor zur Weiterfahrt in die Schweiz. Wie die Historikerin Katrin Unterreiner herausfand, handelte es sich damals um insgesamt 38 Schmuckstücke, die großteils auf Maria Theresia zurückgehen, einige von ihnen sind bis heute durch die berühmten Porträts Kaiserin Elisabeths bekannt.

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Auswahl des kaiserlichen Schmucks nach der Wiederentdeckung.  

Juwelen sind „mitgereist“

Die Juwelen dürften mit Kaiser Karl und seiner Familie in die Emigration „mitgereist“ sein. Nach dem Tod des Ex-Monarchen reiste seine Witwe mit ihren Kindern über Spanien und Belgien nach Kanada. Wie es scheint immer mit den schmuckgefüllten Koffern. Teile des Inhalts wurden seither verkauft, darunter ein Smaragdschmuck Maria Theresias, den auch Kaiserin Elisabeth trug.

Ex-Kaiserin Zita verfügte, dass der Aufenthaltsort der Schmuckstücke frühestens 100 Jahre nach dem Tod ihres Mannes bekannt gegeben werden dürfte. Kaiser Karl starb am 1. April 1922, die Frist war also bereits um dreieinhalb Jahre überschritten, als heuer im September der renommierte Wiener Juwelier Christoph Köchert von der Familie Habsburg den Auftrag erhielt, nach Kanada zu reisen, um eine Expertise zu erstellen: Im Safe eines Bankhauses befände sich ein brauner Lederkoffer, vollgefüllt mit teuren Edelsteinen, alten Uhren und anderen Schmuckstücken. Es handelte sich um den Rest der 1918 außer Landes gebrachten „Kronjuwelen“.

Zita, Kaiserin von Österreich, im Krönungsornat

Kaiserin Zita mit Diamantkrone, die vor ihr Kaiserin „Sisi“ trug. Ihr Verbleib ist ungeklärt.

Echtheit bestätigt

Köchert flog zweimal nach Kanada und erkannte das mittlerweile auf fünfzehn Stück geschrumpfte Konvolut nach eingehender Überprüfung für echt.

Auf die Frage, wie hoch der Wert der Prunkstücke denn sei, sagt Christoph Köchert: „Es handelt sich um einzigartige Stücke von unschätzbarem Wert, sowohl was das Material als auch was die historische Bedeutung betrifft.“

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Der „Florentiner“, das bei weitem wertvollste Stück des Fundes.

100 Millionen Euro

Das bei Weitem teuerste Stück, der legendäre gelb leuchtende 137 Karat schwere „Florentiner“ – angeblich der viertgrößte Diamant der Welt – soll von Kaiserin Maria Theresias Gemahl Franz Stephan erworben worden und so ins Haus Habsburg gelangt sein. Manche Fachleute meinen, dass der „Florentiner“ einen Wert von bis zu hundert Millionen Euro repräsentieren soll.

Zu weiteren besonders wertvollen der jetzt in Kanada entdeckten „Fundstücke“ zählen eine grüne Smaragduhr aus dem Besitz Maria Theresias, die sie ihrer Tochter Marie-Antoinette schenkte. Und eine vom k. u. k. Kammerjuwelier Köchert für „Sisi“ angefertigte Perlenbrosche, die ihr Kaiser Franz Joseph geschenkt haben dürfte.

In einer Aussendung erklärt die Familie Habsburg, dass die Erben des letzten österreichischen Kaisers „Familienschmuckstücke auf der Flucht vor den Nationalsozialisten“ retten konnten. Katrin Unterreiner erklärt jedoch in ihrem Buch „Habsburgs verschollene Schätze“, dass es sich „ganz eindeutig um österreichisches Staatsvermögen handelte, das Kaiser Karl unrechtmäßig an sich genommen und außer Landes gebracht hatte“. Das sei auch der Grund gewesen, warum die damalige Regierung beschloss, das Privatvermögen Karls so lange zu sperren, bis die Kronjuwelen retourniert wären.

Elisabeth, Kaiserin von Österreich

„Sisi“ mit Smaragdschmuck aus Maria Theresias Besitz. 

Die Republik prüft

Als das Auffinden der Juwelen weltweit bekannt wurde, stellte Kulturminister und Vizekanzler Andreas Babler „eine unverzügliche Prüfung in Aussicht, ob die Juwelen in Republikseigentum stehen. Falls sich herausstellt, dass sie im Eigentum der Republik stehen, werde ich den Prozess zur Rückholung einleiten“. Sein Büro stehe bereits in Kontakt mit der österreichischen Botschaft in Kanada.

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