Schmerzensgeld für Raphael

Rechtsanwältin Wagner neben Vater Franz Wittmann, der für seinen verstorbenen Sohn Schmerzensgeld einklagen will.
Warum ein Vater für seinen toten Sohn ausgerechnet die Kinder-Krebs-Hilfe klagen will.

Als Franz Wittmann, 47, die Einladung zur Charity-Ausfahrt in Händen hielt, freute er sich. Nicht für sich selbst, sondern für seinen krebskranken Sohn Raphael,14. Die Kinder-Krebs-Hilfe, genauer gesagt der Landesverband für Wien, NÖ und das Burgenland, lud am 17. Mai zur "Porsche Forum Österreich Charity Ausfahrt". Sei ein "Co-Pilot in einem Porsche", hieß es im Schreiben. Mit seinem Salär als Mitarbeiter der Wiener Linien hätte er seinem Sohn so etwas nicht bieten können. Und schöne Momente waren wertvoller denn je, denn Raphael, das war damals klar, hatte mit dem wuchernden desmoplastischen Kleinrundzelltumor an der Hüfte einen kaum bezwingbaren Feind.

Das einmalige Erlebnis endete für Raphael auf der Intensivstation. Der erste Wagen der Kolonne, ein Boxster 986, kam auf der Landesstraße 150 bei Gramatneusiedl auf die Gegenfahrbahn und kollidierte mit einem Pkw. Raphael war der "Co-Pilot" im Porsche, erlitt zwei Frakturen an den Beinen, biss sich die Zunge ab und wurde vom Rettungshubschrauber ins Donauspital geflogen.

Der Krebskranke verbrachte die letzten Wochen seines Lebens mit den schweren Verletzungen. Seinen vielleicht allerletzten Urlaub in Teneriffa, "auf den er sich schon so gefreut hatte", musste der Vater absagen. "Wir hätten noch eine schöne Zeit gehabt, wenn der Unfall nicht gewesen wäre", erzählt sein Vater. Raphael starb am 5. Juli. Von der Kinder-Krebs-Hilfe hörte Wittmann nach dem Unfall nichts mehr.

Stattdessen bekommt nun die karitative Einrichtung Post: Wittmann will Schmerzensgeld für Raphael, für die 50 Tage nach dem Unfall. Als Erbe ist er dazu berechtigt. "Ich mache das nicht für mich, sondern für ihn."

Solche Ansprüche werden an Gerichten tagtäglich durchgesetzt. Aber ist es legitim, einen Verein, der jährlich viel Geld für krebskranke Kinder und ihre Familien aufstellt, mit dieser Forderungen zu konfrontieren?

Kettenreaktion

Der Vater erzählt, der Unfall habe eine Kettenreaktion ausgelöst: Die Ärzte mussten ein neues Medikament gegen den extrem seltenen Weichteilkrebs absetzen. "Er war immer ein Kämpfer: Plötzlich hat er gesagt, das wird nicht mehr." Der Krebs wuchs in seinem Sohn weiter, und in Wittmann die Wut.

Seine Anwältin Astrid Wagner legt auf eines Wert: "Wir möchten nicht, dass die Kinder-Krebs-Hilfe nur einen einzigen Cent an Spendengeldern weniger bekommt." Das habe nichts mit dem Fall zu tun. "Wer jemanden einer Gefahr aussetzt, muss dafür haften. Ich werde die Ansprüche durchsetzen", erklärt Wagner. Sie strebt aber eine außergerichtliche Einigung an – sowohl mit der Autoversicherung des Lenkers wie auch mit dem Verein.

Die Kinder-Krebs-Hilfe will "keine Stellungnahme" abgeben. Nur so viel: Man sei nicht der Veranstalter gewesen. Die Einladung erweckt aber genau diesen Eindruck. Einen Kontakt zum Veranstalter wollte der Verein nicht herstellen.

Der Fahrer entschuldigte sich und schenkte Raphael ein iPhone. Und er schickte ihm Fotos von seinem Urlaub in Griechenland.

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