Donau-Kreuzfahrer sollen zahlen: Was höhere Tourismus-Gebühren wirklich bringen würden

Das Schifffahrtszentrum bei der Reichsbrücke ist der Hotspot für Kreuzfahrt-Touristen: Im Sommer können hier maximal 27 Kabinenschiffe gleichzeitig anlegen.
Ausgabenseitig sparen und einnahmenseitig die Tarife erhöhen – so lautet Wiens Strategie, um die Finanzen wieder ins Lot zu bringen. Dabei sollen die Lasten auch auf die Nicht-Wiener – also die Touristen – verteilt werden. Nach der einigermaßen turbulent verlaufenden Erhöhung der Ortstaxe, rücken jetzt vor allem jene Tagestouristen ins Visier, die ihre Herberge schon mitbringen: die Passagiere der Donau-Kreuzfahrtschiffe.
Der KURIER hat sich die aktuellen Zahlen vom Schifffahrtszentrum bei der Reichsbrücke angesehen – und dabei kristallisiert sich vor allem eines heraus: Setzt man hier mit Preissteigerungen an, ließe sich das Budget schwerlich sanieren; vielmehr geht es wohl um einen symbolischen Betrag der Tagesgäste.
Faktum ist, dass das Geschäft mit den Donau-Kreuzfahrern seit Mitte der 2000er-Jahre gewaltig boomt: Kamen 2004 „nur“ 130.000 Passagiere auf dem Wasserweg in die Bundeshauptstadt, so waren es im Vorjahr schon 380.000 – ein Plus von fast 200 Prozent. Nach der Corona-Vollbremsung sei nun der Zustrom auf dem Wasserweg anhaltend hoch, wie Christoph Caspar, Geschäftsführer der zuständigen Wiener Donauraum GesmbH, mitteilt.
Doch jetzt geht es um das Wesentliche – das Finanzielle: Seit die rot-pinke Koalition dieses Thema aufs Tapet gebracht hat, könnte der Eindruck entstanden sein, die Donau-Touristen müssten bisher nichts bezahlen. Allerdings werden schon jetzt die Reedereien mit Anlegegebühren zur Kasse gebeten. „Ein durchschnittliches Kabinenschiff bedeutet einen Tagestarif von 1.508,22 Euro netto in der Hauptsaison“, verrät Caspar. Dieser Tarif wird übrigens jährlich valorisiert, also entsprechend erhöht.
20 Euro pro Kreuzfahrer
Die Gesamteinnahmen durch die Kreuzfahrer möchte das zur Wien Holding gehörende Unternehmen zwar nicht mitteilen, allerdings lassen sich diese überschlagsmäßig sehr leicht errechnen: Denn im Vorjahr gab es insgesamt 2.500 Anlegungen – und im Schnitt bleiben die Schiffe dann zwei Tage in Wien. Ergibt also rund 7,5 Millionen Euro pro Jahr – oder eben 20 Euro pro Tourist (wenn man davon ausgeht, dass die Reeder die Gebühr im Reisepreis mitverrechnen).
Würde man jetzt diese Einnahmen wie etwa die Jahreskarte der Wiener Linien um rund 30 Prozent anheben, wären es schlappe 2,25 Millionen Euro mehr pro Jahr (und das bei einem 20-Milliarden-Etat der Stadt). Wollte man die Anlegegebühren drastisch nach oben schnalzen und etwa verdoppeln, käme man freilich auch auf nur 7,5 Millionen zusätzlich.
Landstrom statt Diesel
Davon müssten noch die getätigten Ausgaben, die durchaus beträchtlich sein können, abgezogen werden: Laut Donauraum-Chef Caspar wurde etwa gerade in neue Landstromanlagen investiert, damit nächstes Jahr kein einziges Kabinenschiff mehr seinen Energiebedarf mit stinkenden Dieselaggregaten decken muss.
Wie man es also dreht und wendet – reich wird Wien selbst mit einem saftigen Obolus für die Kreuzfahrer nicht.
Vielleicht ist auch das ein Grund, warum in Medienberichten zuletzt gar von einem „Modell Venedig“ orakelt wurde – also einer Pro-Kopf-Gebühr mit Handy-Code für alle Wien-Besucher, die dann auch kontrolliert und exekutiert werden müsste. Davon scheinen die Neos mittlerweile aber abgerückt zu sein, da man nun davon spricht, dass Touristengebühren „auch in der Praxis administrierbar sein müssen“.
Die für den Tourismus zuständige SPÖ-Finanzstadträtin Barbara Novak hat auch bereits im Juni ihren Kurs klar vorgegeben: Wenn, dann möchte sie Schiff- und Bustouristen auf bestehenden Schienen stärker zur Kasse bitten – eben über „Anlege- und Parkgebühren“. Aus ihrem Büro hieß es am Dienstag, dass das ganze Thema noch nicht entschieden sei: „Die Gespräche mit Partnern aus Politik, Tourismus und Wirtschaft wurden bereits geführt. Eine konkrete Ausarbeitung erfolgt im Rahmen der Budgetpräsentation im Dezember.“
Reichsbrücke
Donau-Kreuzfahrtschiffe, die in Wien anlegen, müssen das Schifffahrtszentrum Wien-Reichsbrücke ansteuern. Dieses wurde vor zehn Jahren aufgrund des Booms ausgebaut und modernisiert.
27 Schiffe maximal
Es verfügt über 12 Anlegestellen, die die Versorgung mit Strom und Wasser sicherstellen. Maximal können 27 Kabinenschiffe gleichzeitig „parken“. Das größte ist 135 Meter lang.
Nussdorf
An der Lände in Nussdorf gibt es eine zweite, kleinere Anlegestelle, die nur von Ausflugsschiffen genutzt werden kann.
Adventmodell bei Bussen
Auch bei den Bus-Touristen gibt es bereits ein bewährtes Gebührenmodell, das ausbaufähig wäre und keine neuen Strukturen erfordern würde: Wer an Adventsamstagen mit dem Bus in die Bezirke 1, 6, 7, 8 und 9 fahren möchte, um seine Passagiere aussteigen zu lassen, muss vorab eine Einfahrtskarte erwerben. Das gilt aber für alle Busse – auch für die Kegelrunde aus dem Waldviertel. Denn laut Experten ist eine Gebühr nur für Busse aus Ungarn oder der Slowakei – also ausländische Touristen – nicht mit EU-Recht vereinbar.
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