Die Errichtung von Radwegen in Wien ist, um mit Seiler & Speer zu sprechen, immer „a schware Partie“. Aber kaum wo ist es so schwierig wie in Döbling, in keinem Bezirk gibt es weniger sichere Radverbindungen.
Auch für die Krottenbachstraße – immerhin Hauptradroute – wird seit 30 Jahren ein baulich getrennter Radweg gefordert, passiert ist fast genauso lange: nichts. Bis die Bezirksvertretung des ÖVP-geführten Bezirks im Dezember 2020 mit den Stimmen von SPÖ, Grünen und Neos einen solchen beschloss.
Im September 2022 folgte der erforderliche Gemeinderatsbeschluss, am 4. Oktober rollten in der Cottagegasse, wo der Radweg beginnt (bis zur Flotowgasse ist er fix), die Bagger an, um den ersten Abschnitt zu errichten (siehe Grafik unten).
Der Resch-Sima-Plan
Doch Ende November kam alles anders. Da meldete die Bezirkszeitung, Bezirksvorsteher Daniel Resch (ÖVP) habe sich mit Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) auf eine alternative Routenführung – und zwar durch die Hutweidengasse – geeinigt.
Resch war, wie auch die von seinem Bruder Klemens angeführte Bezirks-FPÖ, aus Gründen des Parkplatz-Schutzes von Anfang an gegen den Radweg auf der Krottenbachstraße. Im Abschnitt Flotow- bis Börnergasse würden 85, auf den gesamten drei Kilometern bis zu 270 Stellplätze wegfallen.
Selbst mit einer höchst umstrittenen Befragung machte er Stimmung: 72 Prozent der Anrainer wären dagegen, verkündete er am 1. April. Die Fragebögen wurden jedoch an nur 7.500 Haushalte geschickt – und nur an die jeweils älteste Person. Knapp 30.000 Menschen leben tatsächlich im Einzugsbereich.
Bei Sima, der wie Resch und auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) der Ruf vorauseilt, stets ein besonders offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Autofahrer zu haben, scheint der Bezirkschef nun selbst ein solches gefunden zu haben. Und zwar ungeachtet des rot-pinken Bekenntnisses, auf Hauptstraßen baulich getrennte Radwege zu errichten, „wo es technisch möglich ist“. An der technischen Machbarkeit in der Krottenbachstraße zweifelt übrigens niemand.
Radeln gegen die Einbahn
Der konkrete Plan von Resch und Sima: Die Radroute soll über die Flotowgasse in die Hutweidengasse führen, dort als „Radeln gegen die Einbahn“ bis zur Börnergasse und wieder zurück auf die Krottenbachstraße führen. Der weitere Ausbau bis zur Agnesgasse ist beabsichtigt.
Nein von Rot-Grün-Pink
Für SPÖ, Grüne und Neos im Bezirk ist der Plan auf KURIER-Nachfrage ein No-Go. Neos-Klubchefin Evelyn Shi ist „enttäuscht“, Grünen-Chef Peter Kristöfel beklagt das Ignorieren eines demokratischen Beschlusses und der stv. Bezirkschef Thomas Mader von der SPÖ kündigt an, den Plan in jedem Fall verhindern zu wollen.
Die Führung durch die Hutweidengasse gegen die Einbahn sei aufgrund der vielen Schrägparkplätze viel zu gefährlich und daher keine akzeptable Alternative, sagen Shi, Kristöfel und Mader.
Fahrradstraße "zweitbeste Lösung"
Sie wollen daher in der Präsidiale heute, Montag, zumindest die Umwandlung der Hutweidengasse in eine Fahrradstraße beantragen. Der Beschluss könnte in der Bezirksvertretungssitzung am Donnerstag fallen. Das sei zwar nur die zweitbeste Lösung, aber zumindest nicht gefährlich.
Freilich würde diese Variante mindestens so viele Parkplätze kosten wie die Führung in der Krottenbachstraße – und Resch in finanzielle Nöte bringen: Denn Radwege im Hauptradwegenetz – wie die Krottenbachstraße – bezahlt die Stadt. Die Variante durch die Hutweidengasse müsste der Bezirk stemmen. Und während die Einbahn-Öffnung mit rund 60.000 Euro veranschlagt wird, würde die Umwandlung in eine Fahrradstraße ungleich mehr kosten.
Inwiefern die rot-grün-pinke Mehrheit den Bezirksvorsteher mit einem solchen Beschluss binden könnte, ist jedoch noch Gegenstand juristischer Recherchen.
SPÖ gegen SPÖ
Mindestens ebenso brisant ist jedenfalls die politische Konstellation innerhalb der SPÖ. Bezirks-Vize Mader erfuhr erst im Nachhinein vom Sima-Resch-Treffen, genauso wie Bezirksparteichefin und Landesparteisekretärin Barbara Novak. Sie wird SPÖ-intern immer wieder als mögliche Sima- und auch Ludwig-Nachfolgerin gehandelt. Dem Vernehmen nach soll es ordentlich gekracht haben.
Auf KURIER-Nachfrage kalmiert Novak: Dass sie über das „Arbeitsgespräch“ nicht informiert wurde, sei normal, nach dem Treffen habe sie mit Sima darüber gesprochen. Das Problem sei Resch: Er sei kein Teamplayer und arbeite „ausschließlich in populistischen Kampagnen“.
Dass laut Resch-Sima-Plan in der Hutweidengasse keine Fahrradstraße, sondern eine simple Einbahn-Öffnung vorgesehen ist, erfuhr Novak jedoch trotz des Gesprächs mit Sima erst vom KURIER.
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