Freisprüche im Prozess um Arbeitsunfall mit zwei Toten in Wien

Der 33-Jährige schaffte es noch selbst, die Rettung zu verständigen
Ein Elektriker erlitt auf der Baustelle einen Stromschlag. Sein Kollege wurde durch einen Lichtbogenübertritt getötet.

Mit rechtskräftigen Freisprüchen ist am Freitag am Wiener Landesgericht ein Prozess um einen Arbeitsunfall zu Ende gegangen, der am 28. Juli 2021 auf einer Baustelle am Palais Schwarzenberg in der Innenstadt zwei Menschen das Leben gekostet hat.

Ein Elektriker hatte einen tödlichen Stromschlag erlitten, als er neben der Tiefgaragen-Einfahrt das Containerdorf der Baustelle an die Stromversorgung anschließen wollte. Ein hinter ihm stehender Kollege wurde ebenfalls getötet.

Der Elektriker hatte es unterlassen, den Strom abzuschalten, ehe er mit einem - überdies ungeeigneten - Werkzeug vor den unter Spannung stehenden Teilen des Schaltschranks hantierte. Dem Chef der Firma, bei dem der 57-Jährige elf Jahre beschäftigt gewesen war, und dem nicht weniger als 43 Jahre bei derselben Firma angestellten Montageleiter wurde nun von der Staatsanwaltschaft fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen zur Last gelegt.

Sie hätten grob fahrlässig den Tod ihres Mitarbeiters sowie des 56-jährigen Mannes, den sie über eine Leiharbeitsfirma gewonnen hatten, herbeigeführt, indem sie die beiden nicht ausreichend eingewiesen und mit den Sicherheitsvorschriften vertraut gemacht hätten und es unterließen, Kontrollmaßnahmen zu setzen. Überdies wären für die Arbeiten nicht der erforderliche Stecknusssatz und Schutzhandschuhe zur Verfügung gestellt worden. Vor allem aber hätten die ums Leben gekommenen Männer nicht die notwendige berufliche Qualifikation aufgewiesen.

Diese Anschuldigungen hielten dem Beweisverfahren nicht stand. Dieses hätte ergeben, dass der 57-Jährige „als elektrotechnisch versierte Person anzusehen war“, stellte die Richterin am Ende fest. Und weiter: „Als solche durfte er die konkrete Arbeit durchführen, die zum Unfall geführt.“ Dass es zu diesem kam, sei den Angeklagten nicht vorwerfbar: „Ihnen kann kein konkretes Verschulden zur Last gelegt werden.“

Sie hätten den Mitarbeiter mehrfach darauf hingewiesen, dass er den Strom abschalten soll: „Von der Arbeitgeberseite kann man nicht viel mehr verlangen.“ Wie das Beweisverfahren zeigte, hatte der Bauleiter am Unglückstag sogar auf einen entsprechenden Anruf des 57-Jährigen zur Herstellung der Stromversorgung des Container-Dorfes gewartet.

"Ich kann keine Schuld erkennen"

"Ich kann keine Schuld am Tod dieser beiden Männer erkennen", hielt dem der Firmenchef entgegen, der sich daher ebenso wie sein mitangeklagter Mitarbeiter nicht schuldig bekannte. Sein verunglückter Mitarbeiter habe zwar formal keinen Lehrabschluss gehabt, sei aber ein erfahrener Elektriker gewesen. Er hätte seinerzeit mit ausreichend vorhandenen Kenntnissen auf Empfehlung von dritter Seite bei ihm begonnen und sich mit den Jahren zu einer vollwertigen Fachkraft entwickelt, betonte der Firmenchef.

Die Unterstellung, sein Mitarbeiter sei "ein Laie" gewesen, "tut mir weh. Wir haben keine Laien beschäftigt". Der 57-Jährige hätte in der Vergangenheit unzählige Male Kabel verlegt und nach vorangegangener Stromlosschaltung ans Netz angeschlossen: "Es war für mich in keiner Weise vorhersehbar, dass er dieses Mal nicht den Strom abschaltet."

Zeitlichen Druck habe es nicht gegeben, stellte der Erstangeklagte klar. Er hätte noch am Tag des Unglücks dem Mitarbeiter versichert, dass er ihm Überstunden bezahlen werde, sollte dieser länger für seine Arbeiten brauchen.

"Was glauben Sie, was ich mir seit Monaten für Gedanken mache?"

Auch der Montageleiter beteuerte, der 57-Jährige sei eine "Elektrofachkraft" gewesen: "Das Wissen hat er gehabt nach elf Jahren unter meiner Obhut." Der Leiharbeiter sei "ein Elektrohelfer mit Kenntnissen" gewesen. Dieser habe zwar keine selbstständigen Arbeiten durchführen dürfen, "aber wir haben uns erkundigt, was der kann". Die beiden Männer hätten bis zum Unglück insgesamt acht Monate gemeinsam auf der Baustelle am Schwarzenbergplatz gearbeitet: "Reibungslos. Auch das zeugt davon, dass sie sich ausgekannt haben."

Auch am Tag des Unfalls habe es eine detaillierte Arbeitsunterweisung gegeben: "Wir sind alle Schritte durchgegangen. Von Anfang bis zum Ende." Auf die Frage, weshalb der 57-Jährige seiner Meinung nach die Stromzufuhr nicht unterbunden hatte, erwiderte der Mitangeklagte der Richterin: "Was glauben Sie, was ich mir seit acht Monaten für Gedanken mache?"

Sowohl er als auch der Chef des Unternehmens hinterließen bei der Verhandlung einen äußerst betroffenen Eindruck. Der Firmenchef hat inzwischen sogar seinen Betrieb einem anderen Unternehmen übertragen. Infolge des Unglücks "habe ich gesagt, ich kann nicht mehr, ich mag nicht mehr", berichtete er. Er sei inzwischen Pensionist.

"Die beiden konnten sich darauf verlassen, dass er den Strom abschaltet, wenn er sich dem Stromkasten nähert", betonte Verteidiger Manfred Ainedter. Der 57-Jährige sei mit den Sicherheitsvorschriften vertraut und dem entsprechenden Werkzeug versorgt gewesen. Leider habe dieser - aus welchen Gründen auch immer - bei Arbeitsbeginn die Ausrüstung im Auto liegen gelassen. "Ein furchtbares Unglück", bedauerte Ainedter.

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