Prozess um gescheiterten Mafia-Mord in Wien: "Bin nicht schuldig"

Prozess um gescheiterten Mafia-Mord in Wien: "Bin nicht schuldig"
Der Angeklagte soll dem Škaljari-Clan angehören und an der geplanten Liquidierung eines Mitglieds des verfeindeten Kavač-Clans beteiligt gewesen sein.

Mit einem mutmaßlich vom serbisch-montenegrinischen Škaljari-Clan in Auftrag gegebenen Mafia-Mord, der im Spätwinter 2020 in Wien-Ottakring über die Bühne hätte gehen sollen und der dem verfeindeten Kavač-Clan galt, muss sich am Dienstag ein Schwurgericht am Landesgericht auseinandersetzen.

Die Verhandlung fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt, sechs bewaffnete Kräfte der Justizwache-Einsatzgruppe waren im Gerichtssaal postiert.

Angeklagt ist ein 29-jähriger Montenegriner, der von 8. bis 11. März 2020 in Pläne eingebunden gewesen sein soll, ein in Wien aufhältiges mutmaßliches Mitglied des Kavač-Clans zu beseitigen. 

Schwere Bandenkriminalität

"Er ist einzig und allein aus diesem Grund aus Montenegro angereist", sagte der Staatsanwalt zu Beginn der Verhandlung. Dessen Zugehörigkeit zum Kavač-Clan sei erwiesen, gegen den 29-Jährigen sei in Montenegro ein Verfahren im Zusammenhang mit schwerer Bandenkriminalität anhängig. 

Der Mann sei nach den inkriminierten Vorgängen in Wien bei einer weiteren versuchten Ausreise aus Montenegro an der Grenze festgenommen worden. Er habe das Land nur deshalb neuerlich verlassen wollen, um weitere Verbrechen zu begehen, führte der Staatsanwalt aus.

Dem Angeklagten wird Beteiligung am versuchten Mord vorgeworfen. Er soll sich unter anderem am beabsichtigten Tatort an Observationen beteiligt und das Aussehen, die Kleidung und die Begleiter der Zielperson an zwei aus Kolumbien eingeflogenen Auftragskillern weitergegeben haben, die den gegnerischen Kriminellen erschießen hätten sollen. 

Zuvor hatte sich ein Bombenanschlag auf das Auto des 57-Jährigen "aufgrund technischer Probleme" nicht umsetzen lassen, wie der Staatsanwalt sagte. Die Zündung des Sprengsatzes funktionierte am 22. Februar 2020 nicht.

Mordkomplott scheiterte laut Anklage an Kommunikationsproblemen

Das Vorhaben, den 57-Jährigen 17 Tage später in bzw. vor einem Lokal in der Koppstraße erschießen zu lassen, scheiterte laut Anklage dann an der unzureichenden Weitergabe des genauen Standorts der Zielperson und mangelnder bzw. verspäteter Kommunikation. Die beiden aus Kolumbien eingeflogenen Auftragsmörder sprachen kein Serbisch, die Gegenseite kein Spanisch.

Wie der Staatsanwalt sagte, waren in die Tötungspläne zumindest zehn Vertreter des Škaljari-Clans eingebunden. Aufgrund einer "schicksalhaften Fügung" sei der 57-Jährige mit dem Leben davongekommen. Die über Chats geführten Übersetzungen vom Serbischen ins Spanische hätten nämlich zu lange gedauert. Als die Kolumbianer endlich instruiert waren, hätte der 57-Jährige das Lokal schon wieder verlassen gehabt, stellte der Staatsanwalt fest.

Angeklagter verweigerte Aussage

"Ich bin nicht schuldig zu dem, was mir angelastet wird", versicherte der Angeklagte dem Schwurgericht. Zu weiteren Angaben war er nicht bereit. Er machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Er sei nicht bereit, Fragen des Gerichts und des Staatsanwalts zu beantworten, hielt sein Verteidiger fest.

Der Angeklagte wird von den Auswertungen vermeintlich abhörsicherer Kryptohandys belastet, mit denen der mafiöse Škaljari-Clan kommuniziert hatte und die ausländischen Behörden entschlüsselt werden konnten. Diese Kommunikation wurde dem heimischen Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellt. Der Verteidiger sprach sich gegen die Verwertung dieser Daten aus, auf denen die Anklage ausschließlich fuße. Diese seien "nicht verwertbar", meinte der Anwalt, "der Zweck heiligt nicht die Mittel."

Abgesehen davon habe das inkriminierte Geschehen "gar nicht das Versuchsstadium erreicht". Es sei nichts passiert, was für eine allfällige Verurteilung reiche: "Das Beweisverfahren wird zeigen, dass es nicht genug Anhaltspunkte gibt und mein Mandant freizusprechen sein wird."

Entführt und erschossen

Der 29-Jährige befindet sich nach seiner Festnahme an der Grenze zu Bosnien seit April 2024 in Wien in U-Haft. Die beiden Auftraggeber des Komplotts wurden dem Staatsanwalt zufolge im Oktober bzw. November 2020 in der Türkei sowie in Montenegro entführt und erschossen. Zuvor seien sie "von der anderen Täter-Gruppe grausam gefoltert" worden, berichtete der Staatsanwalt. 

Er verwies auf Fotos der entstellten Leichen, die man auf ausgewerteten Kryptohandys entdeckt hatte und die sich im Gerichtsakt befinden. Einer der zwei kolumbianischen Auftragsmörder verstarb laut Interpol im August 2023 an einer Pestizid-Vergiftung. Der operative Leiter des Komplotts wurde im Februar 2024 in der montenegrinischen Stadt Bar festgenommen. Gegen ihn liegt eine österreichische Festnahmeanordnung vor. Ob er die Wiener Justiz ausgeliefert wird, müssen die montenegrinischen Behörden entscheiden.

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