173 Gemeindebau-Mieter fielen auf gefälschte Erlagscheine rein
Der KURIER warnte im Vorjahr: Kriminelle versuchten, Mieterinnen und Mieter in Wiener Gemeindebauten mit gefälschten Vorschreibungen in den Postkästen Geld abzuknöpfen.
Ein Jahr später steht fest: 173 Personen fielen auf die perfide Masche rein, überwiesen ihre Miete auf ein falsches Konto. Der Gesamtschaden beläuft sich auf rund 80.000 Euro.
Vor Gericht in Wien sind deshalb zwei junge Männer angeklagt - beide waren im Tatzeitraum 19 Jahre alt. Doch eigentlich sind sie nur ein kleines Rädchen in dem Betrugsfall.
Der Erstangeklagte, ein arbeitsloser Österreicher, litt unter Geldnot. Im Darknet stieß er auf Unbekannte, die ihm einen Weg aufzeigten, wie er schnell Geld verdienen könne. Er müsse dafür nur sein Konto zur Verfügung stellen.
Was der junge Mann auch tat. "Ich war naiv. Ich bin vom Guten ausgegangen", sagt der Angeklagte. "Sie sind im Darknet von etwas Gutem ausgegangen?", traut Richterin Anna Marchart ihren Ohren nicht. "Ich dachte, da geht es um Investments." - "Wozu sollten die sie brauchen, wenn sie legal Geld verdienen?" - "Ich wollte auf saubere Art und Weise Geld machen. Ich wollte nichts Illegales."
Die Unbekannten jedenfalls sorgten dafür, dass die Gemeindebau-Mieter manipulierte Mietvorschreibungen in ihren Postkästen hatten. Alles war korrekt. Nur eben die Kontonummer war es nicht. Das überwiesene Geld floss auf das Konto des Erstangeklagten. Und von dort schöpften es die Hintermänner ab.
Mit dem Anteil gingen sie shoppen
Der Zweitangeklagte, ein Lehrling, hatte die Aufgabe, eine Probeüberweisung zu tätigen - und später auch Geld vom Konto zu beheben. 1.400 Euro dürften die beiden Angeklagten für ihre Dienste kassiert haben. Die teilten sie sich auf, einmal gingen sie mit dem Geld auf die Mariahilfer Straße shoppen.
Der Anwalt des Erstangeklagte versucht, zu relativieren: "Sein Grad an krimineller Energie ist überschaubar. Dass er so eine Lawine auslöst, war ihm nicht im Entferntesten bewusst." Die zahlreich erschienenen geschädigten Mieter schütteln ihre Köpfe.
"Mein Mandant ist das kleinste Rädchen. Er wurde vom Erstangeklagten angesprochen. Er hat mehrmals abgelehnt, aber dann leider doch mitgemacht", schildert Rechtsanwalt Florian Kreiner. "Ihm war schon klar, dass es um schnelles, illegales Geld geht. Dass es so weit kommt, hätte er aber nie geglaubt."
"Mein Freund ist nicht der hellste Stern", erklärt der Zweitangeklagte. "Ich habe ihm gesagt, dass es blöd ist, dass er seine Bankdaten verschickt und auch seinen Zugang zum Ebanking." Er selbst habe geglaubt, es geht ums Waschen von Schwarzgeld. "Aber ich habe nicht gewusst, dass so viele Menschen betrogen werden."
Urteile
In den Mittagsstunden wurden die Urteile ausgesprochen. Der Erstangeklagte wurde wegen schwerem gewerbsmäßigen Betrugs als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und Geldwäsche zu 18 Monaten bedingter Haft verurteilt. Der Zweitangeklagte wurde wegen nicht gewerbsmäßigem schwerem Betrugs als Mitglied einer kriminellen Vereinigung als Beteiligter und Körperverletzung zu 12 Monaten bedingter Haft verurteilt. Die Urteile sind rechtskräftig.
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