Gegen acht Uhr morgens sind die Standbetreiber am Wiener Naschmarkt am Mittwoch gerade dabei, ihre Ware auszupacken und die Auslagen für die zahlreichen Besucherinnen und Besucher, die den Markt täglich aufsuchen, herzurichten.
Noch bevor jedoch Touristen über den Platz neben dem Marktamt schlendern, tummelt sich dort eine Traube Menschen, ausgestattet mit gelben Plakaten. Sie sind Teil der Bürgerinitiative "Freiraum Naschmarkt".
Darauf geschrieben steht etwa "Wer lügt, dem glaubt man nicht" oder "Otto Wagner - Ja, bitte! Ulli Sima - nein, danke!". Aber wo genau liegt das Problem?
Das Projekt rund um den bald neugestalteten Naschmarkt ist seit Jahren ein umstrittenes Thema. Der Baustart für die Parkplatz-Umgestaltung am Naschmarkt hat vor rund zwei Wochen begonnen. Fest steht, der neue "Naschpark" und eine "Markt-Pergola" kommen fix. Dennoch möchte die Bürgerinitiative ihren Unmut äußern.
"Wurden nicht gehört"
"Wir wissen, dass wir den Bau nicht mehr verhindern können", sagt Monika Ferdiny, Sprecherin von "Freiraum Naschmarkt" zum KURIER. Es sei der Gruppe dennoch ein Anliegen, mit ihren Aktionen darauf hinzuweisen, dass "die Halle nur von Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) gewünscht ist. Die Anrainerinnen und Anrainer wurden nicht gehört".
Bemängelt wird etwa die Kommunikation und die Transparenz der Bürgerbeteiligungsverfahren und des Architekturwettbewerbs.
Etwas anders sieht das Martin Jank, Projektleiter und Geschäftsführer des Wiener Gewässer Management (WGM): "Wir sind nicht im Streit mit der Bürgerinitiative. Wir haben von Anfang an mit ihnen geredet. Das hatte dann auch Einfluss auf unsere Planung, wie zum Beispiel, dass es am Parkplatz jetzt einen Park gibt und der Flohmarkt erhalten bleibt."
Außerdem sei die Halle in den Osten des Marktes verschoben worden - ganz auf Wunsch der Anrainerinnen und Anrainer.
Die Kritik hinsichtlich angeblicher Intransparenz bestreitet der Projektleiter. Sowohl die Ergebnisse und Protokolle des Architektenwettbewerbs als auch der Bürgerbefragung seien vergangenen Herbst ausgestellt worden.
"Wenn da etwas nicht gestimmt hätte, wäre uns das auf den Kopf gefallen." Sowohl die Architektenkammer als auch Mitglieder der Grünen, die zu Beginn gegen das Projekt gestimmt hatten, hätten bei Ungereimtheiten diese aufgezeigt, ist sich Jank sicher.
(K)ein Hingucker
Doch nicht nur die Vorgehensweise, sondern auch das Ergebnis selbst stellt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von "Freiraum Naschmarkt" nicht zufrieden. Die geplante Markthalle würde rein für kommerzielle Zwecke genutzt werden, lautet ein Kritikpunkt.
Auch optisch würde der Bau nicht zum bestehenden Ambiente am Naschmarkt passen, so Ferdiny. "Der Neubau wird alles übertrumpfen." Besser anfreunden hätte man sich mit neuen Gebäuden im Stil der "Naschmarkthütteln" können: "Wenn das kommen würde, wären wir alle zufrieden", sagt Ferdiny.
"Der Wettbewerb war ein iterativer Prozess, am Ende ist eben ein Sieger übrig geblieben", entgegnet Jank. Experten hätten zudem stadtmorphologische Untersuchungen vorgenommen, um sicherzustellen, dass der geplante Bau zum Otto-Wagner-Ensemble passt.
Unsicherheiten noch nicht bereinigt
Auch am Markt selbst begegnet man besorgten Stimmen. Ein Standmitarbeiter, der gerne anonym bleiben möchte, berichtet bis dato zu wenige Informationen bezüglich des Umbaus erhalten zu haben. "Ich weiß nicht, ob wir das Geschäft woanders hin verlagern oder ob wir uns generell einen neuen Markt suchen müssen, wenn der Umbau auch neben dem Marktamt losgeht." Gegen die Optik des Neubaus habe er jedoch nichts einzuwenden: "Es schaut dann sicher schön aus, aber wir sind unsicher, wie das für uns zukünftig ist."
"Wir versuchen, uns sorgfältig mit der Kritik auseinanderzusetzen. Auch wenn es sich hier um eine kleinere Gruppe handelt, wir nehmen die Bedenken ernst", sagt Projektleiter Jank am Mittwoch.
Ob, das die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von "Freiraum Naschmarkt" zufriedenstellt, bleibt abzuwarten, aktuell sieht es jedoch noch nicht danach aus: "Wir wollen der Stadt sagen, so geht das nicht - auch wenn wir es nicht mehr umdrehen können", erklärt Ferdiny.
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