Protest gegen Lobautunnel: "Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten"

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Nur einen Tag nach dem Bau-Beschluss formierte sich die erste Protestkundgebung gegen den Lobautunnel in Wien.

Die erste Demonstration gegen den Beschluss zum Lobautunnel ließ nicht lange auf sich warten. Nicht einmal 24 Stunden nach der Verkündung von Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ), die Asfinag mit dem Bau der S1 zu beauftragen, formierte sich schon der erste Protest vor dem Verkehrsministerium in Wien. Der erste von vielen, hört man sich an diesem Freitagmorgen bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Kundgebung um, zu der GLOBAL 2000, LobauBleibt, Fridays for Future und Greenpeace aufgerufen haben. 

Trotz des kalten Nieselregens ist die Stimmung aufgeheizt, die Empörung über die Entscheidung Hankes groß. "Lobau, Lobau, Lobau - bleibt, bleibt, bleibt" skandieren die Demonstrierenden. Auf Schildern und Bannern ist "Kurzstreckenflüge nur für Insekten", "Stopp Lobau-Autobahn" und "Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten" zu lesen. Die rund 70-köpfige Gruppe der Anwesenden, die sich auf dem Gehsteig vor dem Minsterium zusammendrängt, ist bunt gemischt - von jungen Menschen und Familien mit Kindern bis zu Pensionistinnen und Pensionisten. Hinter den Demonstrierenden fährt alle paar Minuten haarscharf die Straßenbahn vorbei.

Demonstranten halten Schilder mit Aufschriften wie "Lobau bleibt" und "Dafür haben wir das Geld???" vor einem Gebäude hoch.

Demonstrierende halten vor dem Verkehrsministerium Schilder und Banner hoch.

"Wenn es sein muss, bis 2040"

Stefan Holly, Sprecher der Initiative "LobauBleibt" ist an diesem Morgen einer der Redner. "Unsere Regierung tritt den Klimaschutz seit einem halben Jahr mit den Füßen. Wir werden Widerstand zeigen, wenn es sein muss, bis 2040. Sie werden bauen wollen und wir werden da sein", ruft er unter großem Beifall ins Mikrofon. Etwas abseits steht die Pensionistin Monika und hört zu, auf ihrer Jacke zahlreiche "Lobau bleibt"-Pins. Warum ist sie heute hier? "Ich sehe es als meine Pflicht an, weil ich Kinder habe und ich mir sehr große Sorgen um die Welt mache, gerade wegen der Klimaerwärmung. Ich habe eine naturwissenschaftliche Ausbildung und weiß, was eine Erwärmung um drei Grad bedeutet. Ich bin einigermaßen frustriert." Dennoch glaubt sie fest daran, dass sich der Bau des Lobautunnels noch abwenden lässt. 

Eine Frau radelt am Geschehen vorbei und bleibt kurz stehen: "Find' ich super, dass ihr das macht!", sagt sie zu zwei jungen Frauen mit Banner. Ein paar Meter weiter stehen drei Mütter mit Babys in der Trage und machen Fotos voneinander. "Erste Demo!", ruft eine beim Fotografieren in Richtung Baby.  

"Zweifel am Rechtsstaat"

Für den 27-Jährigen, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, ist es hingegen nicht die erste Demo: "Nachdem ich mich auch schon gegen andere Straßenbauprojekte engagiert habe, war für mich klar, dass jetzt die Zeit gekommen ist, Präsenz zu zeigen. Die Hoffnung war natürlich zu der Zeit größer, als noch kein Beschluss gefasst war, aber die Hoffnung stirbt zuletzt." Es wird nicht seine letzte Lobaudemo bleiben, davon ist er überzeugt. 

Die zweifache Mutter und Großmutter Angelika Scharf stellt sich dazu. Sie war 1984 bereits bei der Besetzung der Hainburger Au dabei, wie sie im Gespräch mit dem KURIER erzählt. "Ich finde es schade, dass sich nicht grundsätzlich etwas zum Besseren wendet. Ich bin sehr zufrieden mit der Stadt, die macht sehr viel - aber der Autoverkehr wird nicht reduziert. Es kommen Behübschungen, Bäume, Beete auch Radwege, das ist gut. Aber man greift das Problem nicht an der Wurzel an." Das trotz noch ausstehender Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, nun seitens des Verkehrsministers "vorgeprescht werde", lässt Scharf "am Rechtsstaat zweifeln." "Es ist aus rechtlichen Gründen derzeit nicht möglich zu bauen. Ich finde das erschreckend."

Auch die Parteivorsitzende der Wiener Grünen, Judith Pühringer, ist an diesem Freitagmorgen anwesend und meldet sich anschließend mit einem Statement zu Wort: „Es ist ein historischer Sündenfall von Hanke und der SPÖ, mit dem Lobautunnel ein fossiles Milliardengrab unter einem Naturschutzgebiet graben zu wollen. Zwentendorf, Hainburg und jetzt die Lobau: Die SPÖ zeigt mit dieser klimapolitischen Bankrotterklärung erneut, dass sie beim Klimaschutz verlässlich auf der falschen Seite steht.“

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