Personalnot: Spitalsärzte sollen länger statt kürzer arbeiten dürfen

Bei der Operation soll Kind dabei gewesen sein (Symbolbild)
Gibt es zu wenige Ärzte in Österreich, weshalb mehr auf den Unis ausgebildet werden müssen? Seit Wochen debattieren Politiker und Experten über diese Frage. Umstritten dabei ist bereits, wie man die Zahl der heimischen Mediziner überhaupt korrekt ermittelt und inwieweit sie mit jener in anderen EU-Ländern vergleichbar ist.
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Auf einen Aspekt, der im Speziellen für die aktuellen Ärzte-Engpässe in den Spitälern mitverantwortlich sein dürfte, weist ein prominenter ehemaliger Gesundheitsmanager hin: Wilhelm Marhold war von 2005 bis 2014 Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbunds (heute: Gesundheitsverbund) und ist heute als Experte für die gesundheitspolitische Plattform Praevenire tätig.
Für ihn sind die jetzigen Probleme auch Folge der von der EU vorgeschriebenen Arbeitszeit-Verkürzung für Spitalsärzte. War es früher keine Seltenheit, dass Ärzte bis zu 100 Stunden pro Woche im Krankenhaus waren, dürfen sie seit 2014 (mit bundesländerspezifischen Ausnahmen) nur mehr 48 Stunden arbeiten.
Problem Teilzeit
„Zwar haben alle Länder in Folge die Zahl der Dienstposten erhöht, dennoch hat man das Problem unterschätzt“, ist Marhold überzeugt. Hinzu komme der Wunsch von immer mehr Medizinern, in Teilzeit zu arbeiten. „Wenn jemand seine Arbeitszeit auf 20 Stunden reduziert, brauche ich zur Bewältigung seiner Aufgaben bereits zwei Arbeitskräfte“, sagt der Experte. Insofern sei es problematisch, wenn man bei der Ermittlung der Zahl der Ärzte im System lediglich die Köpfe zähle. „Das täuscht eine vermeintlich hohe Zahl vor.“

Wilhelm Marhold
Deshalb unterstützt Marhold den Ruf mancher Politiker nach einer Forcierung der Ärzte-Ausbildung. Nichts hält er hingegen von der jüngst ebenfalls immer wieder ventilierten Idee, Jungmediziner befristet für den Dienst im öffentlichen Gesundheitssystem zu verpflichten. „Das führt nur dazu, dass die Ärzte anderswohin ausweichen.“
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Stattdessen plädiert Marhold für eine vorübergehende, punktuelle Aufweichung der Arbeitszeit-Regelungen. Spitalsärzte sollen, bis die Krise gelöst ist, wieder länger pro Woche arbeiten und mehr Nachtdienste leisten dürfen.
Ein Vorschlag, der in die genaue Gegenrichtung jenes der Wiener Ärztekammer geht, die, wie berichtet, eine 32-Stunden-Woche für Spitalsärzte fordert.
Hacker dagegen
Für Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker kommt weder das eine noch das andere infrage. Eine Arbeitszeitverkürzung würde mit einem enormen Bedarf an zusätzlichen Ärzten einhergehen, sagt ein Sprecher. Und eine Verlängerung würde auch nicht das Problem lösen, dass im niedergelassenen Bereich immer weniger Kassenärzte zur Verfügung stünden. Hier gelte es, mehr Ärzte ins System zu bringen, um die Spitäler zu entlasten.
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