Setzt die heimische Justiz einen Schlussstrich unter den spektakulärsten Terroranschlag der Zweiten Republik – jenen auf die OPEC-Konferenz 1975 in Wien?
Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit die StaatsanwaltschaftWien. Anlass dazu gab ein Berufungsgericht in Paris. Vier Anschläge, elf Tote, 150 Verletzte. Für diese Taten aus den 1980er Jahren wurde Top-Terrorist „Carlos“, der mit bürgerlichen Namen Illich Ramirez Sanchez heißt, zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Pariser Behörde bestätigte am Mittwoch das Urteil.
Das undatierte Archivbild, das am 1.7.1975 von der französischen Polizei freigegeben wurde, zeigt den Terroristen "Carlos", von dem zwei Jahrzehnte lang nur Phantombilder und die Blutspur seines Terrors bekannt waren. Weltweit soll "Carlos", mit bürgerlichem Namen Ilich Ramirez Sanchez, für den Tod von 83 Menschen verantwortlich sein. Der fanatische Drahtzieher und Killer galt in den siebziger und achtziger Jahren als "Geheimwaffe" des internationalen Terrorismus. 1994 wurde er im Sudan verhaftet. Am 11.12.1997 wird Ramirez in Paris erstmals vor Gericht gestellt. dpa (zu dpa-Themenpaket Prozesse/Terrorismus/Frankreich vom 4.12.1997) nur sw
In
Österreich wurde der Venezolaner, 63, nie zur Rechenschaft gezogen. Der Fall landete nie vor Gericht. Dabei gilt es als unbestritten, dass er jenes sechsköpfige Terrorkommando befehligte, das drei Personen tötete und anschließend 33 Geiseln nahm. Er steht im konkreten Verdacht, ein libysches Delegationsmitglied liquidiert zu haben. Da es dafür keine Verjährungsfrist gibt, wäre ein Prozess in
Wien nicht ausgeschlossen.
Der KURIER fragte bei der zuständigen Wiener Staatsanwaltschaft nach: Wird die Behörde die Auslieferung beantragen? Der Akt ist verstaubt, der zuständige Staatsanwalt längst im Ruhestand. Die Sprecherin der Anklagebehörde, Nina Bussek, erklärt: „Wie wir in diesem Fall weiter vorgehen, müssen wir erst prüfen.“ Außerdem warte man noch auf die nötigen Unterlagen.
Bisher keine Auslieferung
Mit einem solchen Vorhaben, betont Bussek, sei die Behörde bereits ein Mal gescheitert. Carlos ist bereits seit 1994 in Frankreich inhaftiert. „Es gab bereits ein Auslieferungsbegehren an die französischen Behörden“, erklärt Bussek. Doch diese rückten den Top-Terroristen damals nicht heraus. Allerdings liegt der Versuch bereits 14 Jahre zurück.
38 Jahre nach dem Anschlag ist man von einer juristischen Aufarbeit weit entfernt. Nicht nur die Spurenlage ist dürftig, auch viele Zeugen sind mittlerweile verstorben.
APAART03 - 13122005 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA AI - Sanitaeter tragen einen Polizeibeamten aus dem OPEC-Gebaeude in Wien, der bei dem Terroranschlag am 21.12.1975 verletzt worden ist. APA-FOTO: dpa
Die Aktion war von langer Hand geplant. Der Plan sah vor, die Minister der Erdöl-Konferenz zu entführen und sie dazu zu zwingen, in ihrer Heimat eine pro-palästinensische Erklärung zu verlesen. Am 21. Dezember, gegen 11.45 Uhr, spazierten die sechs bewaffneten Terroristen in die OPEC-Zentrale am Karl-Lueger-Ring. Bereits im Lift wurde der Polizist
Anton Tichler liquidiert. Im Konferenzraum stirbt ein Libyer, angeblich durch Kugeln von Carlos. Ein irakischer Leibwächter wird ebenfalls erschossen. Tags darauf setzen sich die Kidnapper mit 33 Geiseln, darunter elf Ölminister, in einer AUA-Maschine ab. In
Algerien kamen die Entführten gegen Lösegeld frei.
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