Unmut vor Parteipräsidium der Wiener ÖVP: Sesselrücken steht an

Markus Figl, ÖVP
Weniger Stellvertreter, weniger Macht für Bezirke: Kritiker der Neuaufstellung sorgen sich um die Wirtschaftskompetenz der Partei.

Wenn am heutigen Donnerstag das Präsidium der Wiener ÖVP auseinandergeht, wird es wohl das eine oder andere lange Gesicht geben. Parteichef Markus Figl wird dem höchsten Gremium seiner Partei mitteilen, wer künftig zu seinem engsten Kreis gehören soll. Und, noch brisanter: Wer nicht mehr in Präsidium oder Vorstand vertreten sein soll.

Figl will – der KURIER hat berichtet – eine schlankere Führung, und wird damit dahin zurückkehren, wo man vor der Ära Karl Mahrer bereits war. Figls Vor-Vorgänger Gernot Blümel hatte seinerseits schon ein Mal die Gremien abgeschlankt.

Mahrer hingegen hatte, im Bemühen die Partei hinter sich zu einen, wieder mehr Personen in das Zentrum der Macht eingelassen. Er hatte unter anderem sechs Stellvertreter aus den verschiedenen Bünden. Die gewünschte Einigkeit brachte das nicht, immer wieder drangen interne Streitigkeiten nach außen. Nur einer der Gründe, warum die ÖVP bei der Wien-Wahl abstürzte.

Geänderte Statuten

Dass der Chef einer Neun-Prozent-Partei keine sechs Stellvertreter benötigt und die Strukturen zwangsläufig verschlanken muss, darüber dürfte Einigkeit herrschen. Bisher waren sechs Vertreter der Bezirke im Landesparteivorstand, künftig sollen es weniger sein. Als Mahrer nach dem Rücktritt Blümels 2021 über den Vorsitz übernahm, hielten die Türkisen 20 Prozent – und damit doppelt so viel wie heute.

„Dass die Statuten geändert werden und dass der Vorstand verkleinert wird, dagegen hat niemand etwas“, sagt ein Funktionär zum KURIER. „Die Frage ist nur, wer dann übrig bleibt, also wie das Parteipräsidium besetzt sein wird.“

Es gebe die Sorge, dass die Wirtschaftsvertreter nicht ausreichend repräsentiert sein werden – „gerade in einer Zeit, in der Wirtschaftsexpertise in Partei und Politik gefragt sind.“ Man hört auch Schärferes: „Das ist nichts anderes als die Totalveränderung der Partei, denn alle Bundespolitiker werden wohl weg sein.“

Tatsächlich hat Figl vor, den Einfluss von ÖVP-Bundespolitikern auf die Landespartei zu minimieren. Betroffen sein könnten dadurch Andreas Ottenschläger, ÖVP-Verkehrssprecher im Bund und politisch in der Josefstadt sozialisiert oder Wolfgang Gerstl (ÖVP-Bezirkschef in Penzing). Umstritten in der Wiener Landespartei ist die Rolle von Nationalrätin Gudrun Kugler (ÖVP-Bezirkschefin in der Donaustadt). Auch Harald Himmer sorgt regelmäßig für Kontroversen, dürfte aber fest(er) im Sattel sitzen – er wurde von der Wiener ÖVP gerade erst erneut in den Bundesrat entsandt.

Profil soll geschärft werden

Ein Bundespolitiker muss sich um seinen Einfluss keine Sorgen machen: Generalsekretär Nico Marchettii aus Favoriten dürfte mit Figl in enger Abstimmung sein und die Neuaufstellung der Wiener ÖVP mitgestalten.

Kein Geheimnis macht die Parteispitze daraus, dass am Parteitag am 27. September „der erste Schritt einer strukturellen Neuaufstellung“ abgeschlossen sein soll, heißt es auf KURIER-Nachfrage. Danach wolle man sich mit Inhalten beschäftigen und das Profil schärfen. Sollte das gelingen, gibt es nach der Wahl 2030 vielleicht wieder genug Prozente für mehr Stellvertreter.

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