Öffi-Klimaticket: Der Sack soll jetzt zugemacht werden
Es war ein politischer Paukenschlag, der den Landespolitikern in der Ostregion gar nicht geschmeckt hatte. Am 18. August verkündete Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) gemeinsam mit Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), dass das Klimaticket – eine österreichweite Jahreskarte für den gesamten Öffentlichen Verkehr um 1.095 Euro – am 26. Oktober starten werde. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie allerdings nur sechs Bundesländer in ihrem Öffi-Boot. Mit Wien, Niederösterreich und dem Burgenland gab es da noch keine Verträge.
Dementsprechend sauer waren deren Vertreter im Verkehrsverbund Ostregion, kurz VOR, Stadtrat Peter Hanke (SPÖ), Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) und Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ). Ein österreichweites Billig-Ticket ohne die Ostregion wurde als Schlag ins Gesicht, als Kampfansage empfunden.
Mittlerweile dürfte sich die Aufregung wieder ein wenig gelegt haben. Momentan stehen die Zeichen sogar in Richtung Abschluss. In allen drei Bundesländern wird erwartet, dass noch vor dem 1. Oktober der Sack zugemacht wird und danach die drei Landeshauptleute gemeinsam mit der Ministerin das Verhandlungsergebnis verkünden.
Erfolg für Gewessler
Das passiert nicht, weil die Verkehrsreferenten plötzlich ihre Liebe zu Leonore Gewesslers Plänen für den Öffentlichen Verkehr entdeckt haben. Die erwartete Einigung hat eher pragmatische Gründe. Ein billiges Österreich-Ticket ohne die Ostregion würde den Verkehrsverbund aushöhlen. Weiters werden die ÖBB Mitte Oktober mit dem Verkauf der Early-Bird-Klimatickets starten, wobei für die ersten Kunden das Jahresticket dadurch noch billiger wird. Wenn da der VOR nicht dabei ist, würden Kunden in Richtung ÖBB abfließen. Und drittens sei es politisch nur schwer vertretbar, bei so einer Klimaschutz-Maßnahme nicht dabei zu sein, heißt es von so manchen Strategen.
Inhaltlich dürfte alles auch schon ausverhandelt sein. Niederösterreich und das Burgenland werden eine Region, wo man künftig mit einem Jahresticket um 550 Euro alle Öffis nutzen kann. Wer Wien noch dazu haben will, der muss zusätzlich das 365-Euro-Ticket der Bundeshauptstadt erwerben. Somit kann man dann um 915 Euro jährlich mit Öffis nach und aus Wien pendeln. Und die gesamte Ostregion ist natürlich auch beim österreichweiten Billig-Ticket dabei.
2006 präsentierte die ÖVP erstmals die Idee eines österreichweit gültigen Tickets für alle Verkehrsbetriebe. 2008 wiederholte sie die Forderung, das Projekt kam aber nie in Fahrt. Ein Jahresticket für ein Bundesland nach „Wiener Modell“ um 365 Euro, für zwei Bundesländer um 730 Euro und für ganz Österreich um 1.095 Euro pro Jahr forderten die Grünen im Nationalratswahlkampf 2017.
Die SPÖ wollte 2019 mit einem SPÖ-„1-2-3-Klimaticket“ punkten. Als „KlimaTicket Now“ gibt es die Netzkarte ab 26. Oktober in Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Tirol und Vorarlberg, auch die Ostregion dürfte nun mit dabei sein.
Wien soll sich zuletzt am meisten gesträubt haben, auf die Pläne von Gewessler einzusteigen. Man wollte viel mehr Geld als die 25 Millionen Euro, die das Ministerium der Bundeshauptstadt zugesagt haben soll. Es dürfte auch die Forderung der Stadt auf dem Tisch gelegen sein, dass es rückwirkend Geld vom Bund geben müsste, weil Wien bereits seit Jahren ein 365-Euro-Jahresticket hat. Worauf man sich genau geeinigt hat, ist nicht bekannt. Zu hören ist, dass das Ministerium beim U-Bahn-Bau spendabler sein wird.
Niederösterreich will vor einer Unterzeichnung noch ein „politisches Gespräch“ mit Ministerin Gewessler. Dabei könnten andere Themen als die Öffi-Tickets im Vordergrund stehen. Etwa die geplanten Straßenprojekte Marchfeld Schnellstraße S8 und die Traisental Schnellstraße S34, die Gewessler stoppen hat lassen.
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