Schuss auf die Lebensretter

Christophorus 9, Schuss,
Beim Notarzthubschrauber „Christophorus 9“ wurde ein Einschussloch im Rotor entdeckt.

Ein Wahnsinn, was da alles hätte passieren können“, ist Ursula Messner vom ÖAMTC geschockt. Ein Unbekannter hatte – vermutlich während eines lebensrettenden Einsatzes – auf den NotarzthubschrauberChristophorus 9“ gefeuert. Nach ersten Untersuchungen mit einer Neun-Millimeter-Pistole. Derartige Projektile könnten etwa aus einer Glock stammen, wie sie auch die Polizei verwendet.

Aufgefallen ist das dem Piloten Gerold Hofbauer gegen sechs Uhr in der Früh bei der so genannten „Vorfeldkontrolle“ am Stützpunkt hinter dem General-Motors-Werk in Wien-Donaustadt. Kurz vor Sonnenaufgang wird dabei das gesamte Fluggerät inspiziert. „Dabei wurde ein eigenartiges Loch im Rotorblatt festgestellt“, berichtet Ralph Schüller von der ÖAMTC-Flugrettung. Deshalb wurde die Polizei alarmiert, um eine nähere Untersuchung vorzunehmen.

Schuss auf die Lebensretter
Ein Hubschrauberpilot des Christophorus Hubschraubers des ÖAMTC

Dabei stellte sich heraus, dass vermutlich ein Neun-Millimeter-Projektil das Rotorblatt im Flug durchschlagen hat. Das Landeskriminalamt Wien hat deshalb Untersuchungen wegen „vorsätzlicher Gefährdung des Luftverkehrs“ gegen Unbekannt aufgenommen.

Fünf mögliche Tatorte

Bei der Flugrettung geht man davon aus, dass das Schuss-Attentat bereits am Montag stattgefunden hat. An diesem Tag flog der „C 9“, wie er intern abgekürzt wird, fünf Einsätze in Wien und dem Weinviertel (NÖ). „Der Hubschrauber ist am Montag relativ spät, gegen 21 Uhr, nach einem Einsatz in Gänserndorf zurückgekehrt“, berichtet Reinhard Kraxner, Chef der ÖAMTC-Flugrettung. „Danach wurde nur ein kurzer Routinecheck durchgeführt, da ist nichts aufgefallen.“

Nach den Aussagen von Hofbauer hat er am Montag keinen Einfluss auf die Flugeigenschaften gespürt, deshalb könnte unklar bleiben, wo der Tatort liegt. Fix ist, dass zumindest drei Menschen an Bord des Hubschraubers waren: Hofbauer, Notarzt Gerhard Klune und ein Sanitäter. Das Trio setzte trotz des Vorfalls seinen Dienst fort, ein Ersatzhubschrauber aus Wiener Neustadt wurde angefordert. Mit diesem werden derzeit alle Einsätze geflogen. Der ÖAMTC geht davon aus, dass ein Materialschaden von rund 40.000 bis 60.000 Euro entstanden ist. Die schlimmsten Angriffe bisher auf die Staffel waren mit Laserpointern erfolgt. Zuletzt wurde im März ein Pilot in Wien von einem Unbekannten geblendet.

Reinhard Kraxner ist Geschäftsführer der ÖAMTC-Flugrettung.

KURIER: Was für ein Mensch schießt auf einen Rettungshubschrauber?
Reinhard Kraxner: Ich kann mir das gar nicht vorstellen, das muss ein Wahnsinniger sein. Die Polizei ist sich sicher, dass das im Flug passiert ist. Ich kann mir das noch gar nicht vorstellen, aber die Beamten sind sich ganz sicher.

Kann man den Tatort irgendwie eingrenzen?
Der letzte Einsatzort war in Gänserndorf, davor zwei Mal Wien und noch ein Mal Gänserndorf. Da irgendwo muss das passiert sein.

Werden aus dem Vorfall Konsequenzen gezogen?
Wir fliegen im bebauten Gebiet und auf Landstraßen. Wir haben bisher nicht geglaubt, dass wir uns vor Wahnsinnigen schützen müssen. Ich gehe davon aus, dass alle Menschen friedselig und froh sind, wenn wir kommen. Deshalb wollen wir auch nichts ändern. Ich hoffe aber auf die Mitarbeit von Zeugen. Irgendjemand muss doch mitbekommen, wenn am Nachmittag oder Abend ein Schuss abgefeuert wird. Ist ja nicht normal, dass irgendwer in die Luft schießt.

Gibt es derzeit Beschwerden bei Ihnen, etwa über Fluglärm?
Nein. Wenn sich jemand belästigt fühlt, gibt es für jeden die Möglichkeit, mit uns in Kontakt zu treten. Wir fliegen festgeschriebene Routen, die kann man notfalls auch ändern.

Die ÖAMTC-Flugrettung, die in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiert, steht im Dauereinsatz. Im Schnitt werden etwa alle 30 Minuten ein Verletzter oder Erkrankter von einem Notarzt der ÖAMTC-Flugrettung versorgt. Insgesamt sind die Notarzthubschrauber von 16 Standorten in ganz Österreich aus tätig. Der Christophorus Flugrettungsverein hat 18 Hubschrauber in ihrem Besitz. Bei den eingesetzten Fluggeräten kommt ein Pilot im Schnitt jeweils eine Woche lang zum Einsatz.

2012 flogen die Hubschrauber der Christophorus Staffel 15.589 Einsätze, im Jahr davor gab es 16.099 Flüge, 2010 hob man 14.816 ab.

Der Wiener Notarzthubschrauber "Christophorus 9" absolvierte 2012 mit 1.731 Rettungsflügen die meisten Einsätze, es folgte der Wiener Neustädter Hubschrauber "Christophorus 3" (1.341) und die Subener Maschine "Christophorus Europa 3" (1.280). Fast ein Viertel der Einsätze flog die ÖAMTC-Flugrettung in Niederösterreich (3.287 Einsätze), gefolgt von Tirol (2.774) und der Steiermark (1.768). Häufiger Einsatzgrund sind internistische und neurologische Notfälle.

Für die Kostendeckung der Einsätze gibt es je nach Bundesland unterschiedliche Lösungen, welche aber die soziale Verträglichkeit als Gemeinsamkeiten hätten, fasste Reinhard Kraxner, Geschäftsführer der ÖAMTC-Flugrettung, die finanzielle Situation in einer Aussendung vom Jänner 2013 zusammen: "Das heißt, dass den Patienten, mit der einzigen Ausnahme von Sport- und Freizeitunfällen im alpinen Bereich, keine Kosten für einen Hubschraubereinsatz entstehen."

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