Es ist aber nicht bloß ein politischer Wunsch, der Schleritzko nach München reisen lässt.
Niederösterreich sieht in einer zusätzlichen S-Bahn-Achse durch Wien die große Chance, noch mehr Pendler zum Umstieg auf den Bahnverkehr bewegen zu können. Es gibt dazu auch schon einige Vorarbeiten.
So präsentierte Wolfgang Schroll, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Ost-Region, kurz VOR, im Mai bei einem Treffen der Österreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (ÖVG) ein internes Papier mit dem Titel „Ausbau S-Bahn. Anforderungen an die zweite S-Bahn-Achse Wien“. Im Aufsichtsrat des VOR sind immerhin die Bundesländer Wien, Niederösterreich und das Burgenland vertreten. Unter den Zuhörern war auch ÖBB-Chef Andreas Matthä.
In dem vorgelegten S-Bahn-Papier werden sieben mögliche Varianten für eine neue Querung von Wien vorgeschlagen (siehe Grafik). Darunter auch die Variante C, die den 1. und den 9. Bezirk unterirdisch durchschneiden würde. Oder B1, die von Nussdorf zum Flughafen führen könnte. Oder auch die D-Variante, die einen Ausbau der Stadlauer Brücke bedingt.
Alles mit dem Hinweis, dass die heutige Infrastruktur für die Nachfragesteigerung in zehn bis 15 Jahren nicht mehr ausreichend sei und dass wegen der langen Vorlaufzeiten für Großprojekte rasch gehandelt werden müsste. Das Deckblatt zu den Herausforderungen für die S-Bahn zeigt einen Eisenbahntunnel. Anders wird eine neue Wien-Achse kaum möglich sein. Einleitend wird in dem Papier erklärt, in welchen großen europäischen Städten Tunnel für die S-Bahn errichtet worden sind und werden. Darunter Zürich, Stockholm, Mailand und eben auch München, wo die zweite Stammstrecke im Jahr 2026 eröffnet werden soll.
Bei den
ÖBB ist man mehr als skeptisch. Der Plan über mögliche neue Routen durch Wien wurde offiziell noch nicht vorgelegt. Franz Hammerschmid ist der Meinung, dass man sich mehr auf das bereits veröffentliche S-Bahn-Konzept der ÖBB konzentrieren solle. „Wir haben in den letzten Jahren viel in die S-Bahn investiert – und der Erfolg gibt uns Recht“, sagt er. Und er verweist auf das eigene S-Bahn-Papier, wonach Maßnahmen an der bestehenden Infrastruktur die Pendler-Engpässe beheben sollen.
Wobei für ihn klar ist, dass es in erster Linie um den Pendlerstrom aus dem Süden geht. Dort hat das Auto noch immer klar die Vorherrschaft (siehe Grafik), dort muss auch ausgebaut werden. Vorgeschlagen wird ein viergleisiger Ausbau der Bahnstrecke von Wiener Neustadt nach Wien plus zusätzlich zwei Schnellbahngleise zwischen Mödling und Wien. Dieses Netz will man ab dem Jahr 2023 anbieten.
Dazu braucht es neben dem Bund auch Wien und Niederösterreich als Partner, weil die Finanzierung noch offen ist. Genauso wie die Modernisierungsmaßnahmen auf der Strecke Meidling nach Floridsdorf – neue Zugsteuerung und Verlängerung der Bahnsteige –, um mehr S-Bahn-Züge führen und mehr Pendler transportieren zu können. Und auch für die Modernisierung des Bahnhofes Hütteldorf und die neue Haltestelle Baumgarten ist das Geld noch nicht genehmigt.
Hammerschmid: „Mit den Planungen für das Genehmigungsverfahren wird aber schon begonnen.“
Aus dem Büro von Landesrat
Schleritzko heißt es, dass man diese ÖBB-Projekte für notwendig hält. Aber: „Wir müssen auch durch Wien durch.“ Im Büro der zuständigen Wiener Stadträtin Birgit Hebein (Grüne) begrüßt man zwar alle Maßnahmen für die S-Bahn – „Wir schauen uns alle Vorschläge an“ –, zu einer neuen Achse inklusive einer Untertunnelung ist man aber noch zurückhaltend.
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