Zwei Frauenmorde in Wien in weniger als 24 Stunden

Polizeiauto in Wien-Leopoldstadt
Sowohl in Liesing als auch in der Leopoldstadt wird der jeweilige Ehemann verdächtigt.

Gleich zwei Mal innerhalb von kurzer Zeit mussten die Mordermittler des Wiener Landeskriminalamtes ausrücken, zwei Mal waren Frauen die Opfer und zwei Mal werden die jeweiligen Ehemänner verdächtigt. Sollte sich der jeweilige Verdacht bestätigen, wären das die Femizide Nummer 18 und 19 in diesem Jahr.

Die erste Tat ereignete sich bereits am Donnerstag in Liesing, wo offenbar eine 34-Jährige von ihrem 63-jährigen Ehemann getötet wurde. Beide wurden gegen 17 Uhr in ihrer Doppelhaushälfte mit Stich- und Schnittverletzungen aufgefunden. Die Frau war tot, der Mann wurde in die Intensivstation eines Krankenhauses eingeliefert und schwebte in Lebensgefahr. Gegen den österreichischen Staatsbürger wird wegen Mordverdacht ermittelt, sagte Polizeisprecher Markus Dittrich.

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Weil sich Angehörige des 63-Jährigen Mannes Sorgen machten, verständigten sie den Notruf. Mit Hilfe der Feuerwehr verschafften sich Beamte der Polizeiinspektion Purkytgasse Zutritt zum Haus, wo sie sowohl die Frau als auch den Mann im ersten Stock am Boden liegend auffanden.

Ehemann ins Krankenhaus gebracht

Der Körper der 34-Jährigen wies Schnitt- und Stichverletzungen auf, der Notarzt konnte nur mehr ihren Tod feststellen. Der 63-Jährige wurde aufgrund von Schnittverletzungen von der Berufsrettung notfallmedizinisch versorgt und mit dem Rettungshubschrauber in ein Spital geflogen.

Die mit Abstand meisten Femizide werden in Österreich von (Ex-)-Partnern der Opfer begangen. Laut einer Studie des Instituts für Konfliktforschung waren diese in 74 Prozent der Fälle die Täter. Bei rund 30 Prozent dieser Morde war demnach eine Trennung ausschlaggebend.

In etwa 30 Prozent der Fälle von Frauenmorden und -mordversuchen war eine mitunter jahrelange Gewaltvorgeschichte aktenkundig. Etwa ein Viertel der Opfer hatte den gewalttätigen (Ex-)Partner bereits angezeigt. Rund zehn Prozent der Täter waren bereits einmal wegen Gewalt gegenüber der (Ex-)Partnerin verurteilt.

Bei der Studie wurden auch Hochrisikoindikatoren bei Tätern ausgewertet, die zu erkennen wichtig in der Prävention wäre. Bei rund 47 Prozent lagen demnach psychische Erkrankungen vor, "traumatische Erfahrungen", dazu zähle etwa auch Arbeitsplatzverlust, bei rund einem Drittel. Ebenso viele hatten bereits körperliche und sexualisierte Gewalt ausgeübt, mehr als ein Viertel psychische Gewalt.

Aufgeschlüsselt nach Nationalitäten hatten 72 Prozent der Täter in den untersuchten Fällen die österreichische Staatsbürgerschaft, davon ca. 57 Prozent autochthon, fünf Prozent waren EU-Bürger, 19 Prozent Bürger von Drittstaaten, zwei Prozent staatenlos, bei einem Prozent gab es keine Angaben.

In unmittelbarer Umgebung der beiden Personen lagen zwei Messer. Diese wurden sichergestellt. Die Ermittlungen führt das Landeskriminalamt Wien, Außenstelle Süd.

Zweiter mutmaßlicher Frauenmord im 20. Bezirk

Der zweite Mordalarm langte dann am Freitag ein. Da sich Verwandte einer 54-jährigen Frau Sorgen machten, verständigten sie gegen 9.15 Uhr die Polizei. Beamte des Stadtpolizeikommandos Brigittenau verschafften sich mit Unterstützung der WEGA gewaltsam Zutritt zur Wohnung der Frau am Mexikoplatz, wo sie sie mit mehreren Stichverletzungen leblos vorfanden.

Noch vor dem Eindringen der Polizei in die Räumlichkeiten dürfte der 64-jährige Ehemann aus dem Fenster der im 2. Stock gelegenen Wohnung in den Innenhof gesprungen sein. Er wurde von der Berufsrettung notfallmedizinisch versorgt, erlag jedoch seinen Verletzungen.

Das Tatmesser lag am frühen Nachmittag noch in der Wohnung und sollte kriminaltechnisch untersucht werden.

In diesem Fall führt die Außenstelle Zentrum/Ost des Landeskriminalamtes die weiteren Ermittlungen. Auch hier gehen die Ermittler von einem Tötungsdelikt aus.

Politische Maßnahmen gefordert

Bundes-SPÖ und Wiener Grüne forderten nach den jüngsten zwei Frauenmorden politische Maßnahmen. "Die Frauenministerin muss alle notwendige Ministerien und Expert*innen in Sachen Gewalt- und Opferschutz an einen Tisch holen und den Nationalen Aktionsplan Gewaltschutz umsetzen", forderten SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner und SPÖ-Wien-Frauenvorsitzende Marina Hanke in einer gemeinsamen Aussendung.

Beide verwiesen in diesem Zusammenhang auf den unlängst veröffentlichten Rechnungshof-Bericht "Gewalt- und Opferschutz für Frauen“, der die drastischen Mängel im Gewaltschutz anführt. Zudem sei die Istanbul-Konvention, die Frauen und Mädchen vor Gewalt schützen soll, in Österreich noch immer nicht vollumfänglich umgesetzt.

Viktoria Spielmann, Frauensprecherin der Wiener Grünen, forderte wiederum einen "Wiener Gewaltschutzgipfel mit Fokus auf Femizide und wie wir sie verhindern können" - wurden doch fünf der bisher 19 Femizide in diesem Jahr in Wien begangen. Dazu kämen noch 15 versuchte Femizide bzw. Fälle von schwerer Gewalt an Frauen. "Diese Zahlen sind alarmierend und zeigen das enorme Ausmaß der patriarchalen Gewalt in Wien", so Spielmann.

Hilfe bei Suizid-Gedanken

Wer Suizid-Gedanken hat, sollte sich an vertraute Menschen wenden. Oft hilft bereits das Sprechen über die Gedanken dabei, sie zumindest vorübergehend auszuräumen. Wer für weitere Hilfsangebote offen ist, kann sich an die Telefonseelsorge wenden: Sie bietet schnelle erste Hilfe an und vermittelt Ärzte, Beratungsstellen oder Kliniken. Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Depressionen betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge in Österreich kostenlos unter der Rufnummer 142.

Das neue österreichische Suizidpräventionsportal www.suizid-praevention.gv.at bietet Informationen zu Hilfsangeboten für drei Zielgruppen: Personen mit Suizidgedanken, Personen, die sich diesbezüglich Sorgen um andere machen, und Personen, die nahestehende Menschen durch Suizid verloren haben. Das Portal ist Teil des österreichischen Suizidpräventionsprogramms SUPRA des Gesundheitsministeriums.

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