Mordprozess: Rätsel um fremde Haare

Mordprozess: Rätsel um fremde Haare
Ein Tunesier ist an­geklagt, eine wohl­habende Wienerin erdrosselt zu haben. Aber neue Spuren sorgen für Verwirrung.

Auf ihrem Unterarm hatte sie den Titel eines Songs von Edith Piaf tätowiert: "Non, je ne regrette rien" ("Ich bereue nichts"). Das war wohl ihr Lebensmotto. Aber laut Staatsanwalt Leopold Bien hat die 48-jährige Elisabeth W. "bestimmt bitter bereut, dass sie den Angeklagten in ihr Leben gelassen hat". Denn er hält ihn für ihren Mörder.

Der Unterarm der lebenslustigen Frau spielt aber in diesem Kriminalfall noch eine weitere Rolle. Darauf fanden sich, wie Verteidiger Farid Rifaat beim Prozessauftakt am Dienstag im Wiener Landesgericht enthüllte, nämlich mehrere Haare zweier unbekannter Per­sonen. Das lässt darauf schließen, dass Elisabeth W. in der Nacht auf den 15. September 2011 in ihrer Innenstadt-Wohnung noch Besuch bekommen haben könnte. Und zwar, nachdem der Angeklagte seine – zu dem Zeitpunkt noch lebendige, wie er behauptet – Disco-Bekanntschaft verlassen hatte.

Geknebelt

Der 27-jährige Tunesier Lotfi Dridi alias Anas Zaidi ist angeklagt, die wohlhabende Frau nach einer Liebesnacht gefesselt, geknebelt, ins Gesicht getreten, mit einem Gürtel erdrosselt und ausgeraubt zu haben. Der unter falschem Namen als angeblich verfolgter Palästinenser in Wien lebende Dridi soll – nachdem er Elisabeth W. kennengelernt hatte – Bekannten gegenüber angekündigt haben: "Das Paradies wird kommen." Und nach der Tat soll er vor einem Freund mit der Beute (Laptop, Schmuck) geprahlt haben, ehe er mit falschem Pass nach Nizza flüchtete. Dort wurde er im Oktober 2011 festgenommen.

Bei der Auslieferung passierte ein kleiner Formalfehler, der den Prozess nun zunächst platzen lässt: Im Haftbefehl war lediglich der Mord angeführt, nicht aber der Raub, auf dem die An­klage auch basiert. Bis das nachgeholt ist, wurde die Verhandlung auf Anfang Oktober vertagt.

Davor bekam Dridi noch Gelegenheit, zu deponieren: "Ich bin unschuldig." Und sein Verteidiger kündigte an, man werde "das graue Umfeld dieser durchaus attraktiven Frau durchleuchten, die gern in den Nächten unterwegs war". Sie habe zu mehreren Kellnern ihrer bevorzugten Nachtlokale enge Kontakte gepflogen und mit diesen von ihr finanzierte Reisen unternehmen wollen. Als "der Störenfried" (Dridi) auftrat, hätten sie "ihre Pfründe gefährdet gesehen" und damit ein Motiv gehabt, sie zu ermorden.

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