Mordalarm am Brunnenmarkt: "Mama, komm schnell. Er hat ein Messer!"
Es waren dramatische Szenen, die sich am Brunnenmarkt in Wien Ottakring am Montagnachmittag abspielten. Ein 35-jähriger Syrer steht im Verdacht, seine 28-jährige Frau mit einem Messer ermordet und danach einen Suizidversuch unternommen zu haben. Der 35-Jährige wurde mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Spital gebracht.
Die Kinder des Paares dürften zwar nicht unmittelbar Zeugen der Bluttat geworden sein, haben aber den Polizeieinsatz mitbekommen. Sie waren mit ihrer Tante während der Tat in einem nahen Park spazieren.
Ein Kriseninterventionsteam betreute die Kinder am Montag noch vor Ort, während die Polizei den Tatort, ein Mehrparteienhaus großräumig abriegelte. „Ich wohne in dem Haus direkt daneben, ich kann gar nicht glauben, dass so etwas hier passiert“, sagte ein Mann, der vor dem rot-weißen Absperrband mit seinem Rad stehen blieb.
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Was sich genau in der Wohnung im ersten Stock zugetragen hat, schilderte der Vermieter des Paares dem KURIER: "Mieter aus dem dritten Stock haben zu Mittag die Polizei verständigt, nachdem sie Hilferufe aus der Wohnung des Paares gehört haben", sagt der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.
Hilferuf an Eltern
Die Frau dürfte auch noch ihre Eltern angerufen haben. Mit den Worten: "Mama, er hat ein Messer. Kommt bitte schnell." Die 28-Jährige soll offenbar zwei Kinder mit in die Beziehung gebracht haben. Der Mann einen Buben.
Die Wiener Polizei war am Montag um kurz vor 14 Uhr in die Wohnung nahe der Thaliastraße gerufen worden. Der Grund des Notrufs war eine verletzte Person, die in einem Innenhof lag. Vor Ort fanden die Polizisten den 35-jährigen Mann mit schweren Verletzungen vor.
Erste-Hilfe-Maßnahmen
Die Polizisten begannen umgehend mit den Erste-Hilfe-Maßnahmen. Als die Beamten in einer Wohnung Nachschau hielten, stießen sie dort auf eine 28-jährige Frau mit Stichverletzungen. Es wurde sofort versucht, die Frau zu reanimieren. Die ebenfalls verständigten Einsatzkräfte der Wiener Berufsrettung übernahmen die notfallmedizinische Versorgung.
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Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums. Unter www.suizid-praevention.gv.at finden sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich.
Frauen, die in Österreich Gewalt erleben, finden u.a. Hilfe und Informationen bei der Frauen-Helpline unter: 0800-222-555, www.frauenhelpline.at; beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter www.aoef.at; der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie/Gewaltschutzzentrum Wien: www.interventionsstelle-wien.at und beim 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien: 01-71719 sowie beim Frauenhaus-Notruf unter 057722 und den Österreichischen Gewaltschutzzentren: 0800/700-217; Polizei-Notruf: 133)
Tatmotiv unklar
Ein mögliches Motiv der Tat ist noch völlig offen, ebenso wie die genauen Umstände des Vorfalls. Ein Messer, mutmaßlich die Tatwaffe, wurde sichergestellt.
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Der Mann wurde vorläufig festgenommen. Das Landeskriminalamt Wien, Außenstelle West, leitet die Ermittlungen.
Der Fall löste auch sofort politische Reaktionen aus. „Es handelt sich um den 13. Femizid in diesem Jahr. Wir sind alle tief betroffen und geschockt. Unser tiefstes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen“, wurden der Vorsitzende der SPÖ Ottakring und Nationalratsabgeordnete Christian Oxonitsch und die geschäftsführende Frauenvorsitzende und Bezirksrätin Ruth Manninger in einer gemeinsamen Aussendung zitiert. Die SPÖ Frauen hätten bereits in der Vergangenheit ein umfassendes Maßnahmenpaket gefordert. „Erster Schritt wäre die dringende Umsetzung der Istanbul Konvention - das größte Rechtsinstrument im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen“, sagte Manninger.
Der Sicherheitssprecher der Wiener Volkspartei, Gemeinderat Hannes Taborsky, macht die gescheiterte Integrationspolitik im Viertel für so schreckliche Ereignisse verantwortlich. „Im Brunnenviertel gibt es aktuell eher vielfältige Probleme statt einer kulturellen Vielfalt. Wer echte Probleme in Wien anspricht, gerät ins Fadenkreuz von Meinungsmachern, die Probleme lieber schönfärben“, sagt Taborsky. Ethnische Communitys würden sich abschotten, "ohne eine Notwendigkeit sich kulturell und sozial in die Wiener Mehrheitsgesellschaft zu integrieren", heißt es bei der ÖVP. Der SPÖ und den NEOS wirft man vor "wegzuschauen".
Der Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp sieht die SPÖ und die ÖVP für die Zustände in der Verantwortung.