Missbrauch in Wiener Kindergarten angeblich ein Jahr lang vertuscht

In Kindergärten werden 39 Prozent aller Kinder betreut
Laut einem Bericht soll ein Pädagoge eines Penzinger Kindergartens mindestens ein Kind beim Wickeln unsittlich berührt haben.

Ein offizielles Schreiben von Elternvertretern eines städtischen Kindergartens in Wien-Penzing sorgte am Montag für Aufsehen. In dem Schreiben berichten die Eltern von "schwerem sexuellem Missbrauch in mehreren Fällen".

Was genau soll passiert sein? Nach Angaben der Kronen Zeitung steht ein Kindergartenpädagoge im dringenden Tatverdacht, zumindest ein Mädchen beim Wickeln und Schlafen unsittlich berührt zu haben. Doch das soll nicht der einzige Fall gewesen sein.

Der Fall liegt derzeit bei der Staatsanwaltschaft Wien. Auf KURIER-Anfrage teilte Sprecherin Nina Bussek mit, dass derzeit drei Fälle bekannt sind. Die Staatsanwaltschaft ist "seit einem Jahr" über den Vorfall informiert. Wann es zu diesen Vorfällen gekommen sein soll, wollte Bussek nicht preisgeben. Bei den Opfern soll es sich um Kinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren handeln.

Kindergartenleitung seit März 2021 informiert

Angeblich wurde die Kindergartenleitung schon im März des vergangenen Jahres informiert. Der Pädagoge wurde danach intern versetzt: "Der Mitarbeiter war ab dem Zeitpunkt des Vorwurfs nicht mehr in der Betreuung von Kindern tätig", sagte die Leiterin der MA 10 (Kindergärten) Daniela Cochlár der Krone.

Die Eltern der betroffenen Kinder wurden erst vor einigen Tagen im Rahmen eines Infoabends in Kenntnis gesetzt, heißt es in dem Bericht weiter. Die Eltern sollen sich nun an einen auf sexuelle Gewalt spezialisierten und von der Stadt Wien finanzierten Verein wenden, um testen zu lassen, ob ihr Kind auch Opfer des Verdächtigen geworden ist.

Auch Wiederkehr soll erst vor zwei Tagen informiert worden sein: "Da gibt es bei der MA 10 einiges an Erklärungsbedarf", sagte ein Wiederkehr-Sprecher. Laut Stadtrat habe nun die MA 10 gemeinsam mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft den Auftrag, die Causa aufzuklären. Am Donnerstag soll es einen Info-Abend für die Eltern des betroffenen Kindergartens geben. Personelle Konsequenzen an der Spitze des Kindergartens bzw. der MA 10 sind vorerst noch keine vorgesehen.

ÖVP: "Unfassbarer Vertuschungsskandal"

In einer Aussendung forderten ÖVP-Landesparteiobmann Karl Mahrer und Bildungssprecher Harald Zierfuß "sofortige Konsequenzen": "Der heute aufgedeckte Missbrauchsfall in einem städtischen Kindergarten ist ein unfassbarer politischer, aber auch behördlicher Vertuschungsskandal."

Mahrer kritisierte auch den verantwortlichen Stadtrat Wiederkehr: "Dies zeugt entweder von politischer Ignoranz oder davon, dass er seine eigene Abteilung nicht im Griff hat". Die ÖVP kündigte auch  eine schriftliche Anfrage an Wiederkehr sowie eine Sondersitzung des Bildungsausschusses an.

Auch die FPÖ gibt sich fassungslos: "Es ist traurig genug, dass es in einem Kindergarten überhaupt zu solchen Vorkommnissen kommt. Die Tatsache, dass diese jedoch über ein Jahr verschwiegen, die Eltern der Kinder nicht umgehend informiert wurden und in weiterer Folge noch einen Maulkorb verpasst bekommen haben, schlägt den Fass jedoch den Boden aus", sagte der Wiener FPÖ-Klubobmann und Bildungssprecher Maximilian Krauss. Er forderte "umgehende Konsequenzen".

Scharfe Kritik kommt auch von den Wiener Grünen: „Ein Pädagoge und mehrere kolportierte Fälle, ganze 13 Monate Vertuschung und eine rote Mauer des Schweigens. Der mutmaßliche Täter wird dann auch noch nur intern versetzt! Und das ist noch nicht einmal alles“, sagt Jugendsprecher Ömer Öztas. Er fragt sich: „Wer hat dann eigentlich die Anzeige erstattet, was wusste Bürgermeister Ludwig und warum wurde der zuständige Stadtrat Wiederkehr erst vor zwei Tagen informiert, obwohl die Vorgänge bereits 13 Monate zurück liegen?" Er fordert: "Alle Verantwortlichen müssen mit harten Konsequenzen konfrontiert werden."

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