Welche Auswirkungen die Änderungen der Wiener Mindestsicherung haben

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Die Mindestsicherung wird teils für Mietbeihilfe verwendet, WGs gelten zukünftig als ein Haushalt. Was das bedeutet und was das bringt.

Ankündigungen, dass es Änderungen bei der Wiener Mindestsicherung geben werde, gab es über den Sommer hinweg mehrere. Am Donnerstag verkündete Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) in einem Interview in News konkrete Maßnahmen. Diesen sei eine Evaluation der Mindestsicherung vorhergegangen.

Das Ergebnis bedeute nicht „mit dem Rasenmäher und ohne Rücksicht auf die Auswirkungen runterzukürzen, nur um polemische Zurufe von außen zu befriedigen“, sagt Ludwig zum KURIER. „Natürlich produziert das keine reißerischen Schlagzeilen, aber Sachpolitik und Ernsthaftigkeit in der Politik haben für mich als Bürgermeister absoluten Vorrang.“

Ein Überblick über die Maßnahmen und deren Auswirkungen:

Wohnkosten werden an Mietbeihilfe angerechnet 

Schon bisher waren 25 Prozent der Mindestsicherung, die Erwachsene erhalten, für die Wohnkosten zweckgewidmet. Sprich: Diese 25 Prozent wurden von der Mietbeihilfe abgezogen. Künftig wird auch ein Viertel der Mindestsicherung der Kinder dafür verwendet.

Die Mietbeihilfe reduziert sich dadurch – ein Beispiel

Eine siebenköpfige Familie, die 1.300 Euro Miete zahlt, hat bisher 877 Euro Mietbeihilfe erhalten. Künftig erhält diese Familie nur noch 470 Euro Mietbeihilfe, da ja nun auch die Mindestsicherung der Kinder dafür herangezogen wird.

Wohngemeinschaften gelten als ein Haushalt 

Bisher hat gegolten: Wenn fünf Einzelpersonen gemeinsam in einer Wohnung leben, sie aber keine Familie sind, bekommt jede Person den Mindestsicherungs-Höchstsatz. Da sie sich durch den gemeinsamen Haushalt Kosten teilen, erhalten sie darum künftig nicht mehr den Höchstsatz, sondern weniger Geld – wie es auch schon jetzt bei Familien üblich ist.

Konkrete Auswirkungen auf betroffene WGs

In einer fünfköpfigen WG von erwachsenen Mindestsicherungsbeziehern hat bisher jeder 1.209 Euro erhalten. Das wird nun auf den Beitrag reduziert, der auch Personen in

Lebensgemeinschaften, etwa Verheirateten, zusteht: also 846 Euro pro Person. Die fünfköpfige Wohngemeinschaft hat also zukünftig statt insgesamt 6.045 Euro nur noch 4.230 Euro als Haushalt zur Verfügung. Davon sind wieder 25 Prozent für Wohnkosten reserviert.

Schulungszulage wurde bereits abgeschafft 

Bisher erhielten Bezieher von Mindestsicherung einen Schulungszuschlag von 150 bzw. 300 Euro pro Monat, wenn sie an längeren Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen des AMS teilnahmen. Diese Maßnahme wurde von der vorherigen ÖVP-Grünen-Bundesregierung eingeführt. Der Zuschlag wurde bereits Ende Juni in Wien gestrichen, weil kein nennenswerter positiver Effekt verzeichnet werden konnte.

Einsparungen durch diese drei Maßnahmen

Die Stadt Wien rechnet durch die Abschaffung des Schulungszuschlags mit einer Einsparung von 20 Millionen Euro. Die Änderung bei der Mietbeihilfe soll ebenfalls 20 Millionen einsparen, die Änderung bei den Haushalten 75 Millionen.

Inkrafttreten der Maßnahmen 

Die Schulungszulage ist bereits abgeschafft. Die beiden anderen Maßnahmen sollen rund um den Jahreswechsel schlagend werden – sind also für das Budget 2026 relevant.

Verpflichtender Kindergarten ab drei

Kinder von Mindestsicherungsbeziehern sollen verpflichtend ab drei Jahren in den Kindergarten gehen. Das soll die Chancen – vor allem für Frauen – erhöhen, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Gleichzeitig soll es dazu beitragen, die Deutschkenntnisse dieser Kinder zu verbessern.

Kindergarten-Regelung dauert noch 

Derzeit gibt es 2.733 dreijährige und 3.124 vierjährige Kinder in der Mindestsicherung. In Summe würde die Pflicht also 5.857 Kinder betreffen. Dafür muss man noch Personal aufbauen. Die Einführung der Pflicht könnte 2027 passieren, da man sich Wien auch für eine Bundesregelung rüsten muss: Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos) will ab 2027 ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für alle einführen.

Maßnahmen noch nicht abgeschlossen

Es werden noch weitere Adaptierungen bei der Wiener Mindestsicherung folgen, heißt es im Bürgermeisterbüro. Einen Zeitrahmen dafür will man aber noch nicht nennen. Ludwig pocht darauf, im Herbst bundeseinheitliche Lösungen zu finden (siehe Infobox). Mit den nun verkündeten Änderungen sei man schon in Vorleistung gegangen. Bei der Änderung bei den Wohngemeinschaften habe man sich etwa an den anderen Bundesländern orientiert.

Die Opposition übt umgehend Kritik

 Keine Fans finden die Maßnahmen bei der Opposition. „Bei den Änderungen geht es nicht um die Mindestsicherung, sondern lediglich um die Wohnbeihilfe, erklärte etwa FPÖ-Landesparteisekretär Lukas Brucker. Die Ankündigungen von Bürgermeister Ludwig kämen viel zu spät und seien auch weit weg von einem großen Wurf, erklärte auch ÖVP-Chef Markus Figl. Der Grünen-Chefin Judith Pühringer gehen die Ankündigungen hingegen zu weit: „Bei armutsbetroffenen Kindern zu sparen ist herzlos und zukunftsvergessen.“

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