Mieter ohne Strom und Heizung: Neue Masche von Immo-Spekulanten

30 Menschen leben in Wien-Meidling seit genau einem Monat ohne Strom und Heizung. Sie alle bezahlen 500 Euro Miete für ein Zimmer in einem ehemaligen Hostel am Gaudenzdorfer Gürtel 41. Sie alle sind Geflüchtete und waren froh, endlich ihre eigenen vier Wände zu haben, selbst wenn die Duschen und WCs auf den Gängen und das Haus heruntergekommen ist.
Die Unterkunft wurde den Mietern warm offeriert, also inklusive aller Nebenkosten. Die wurden aber nicht an die Wien Energie gezahlt - und zwar schon seit dem Frühjahr 2022 nicht mehr. Damals wurde der Vertrag mit dem Energiezulieferer gekündigt. Deshalb rückten Polizei und Wiener Netze am 23. November an und montierten den Stromzählerkasten ab. "Der Strom wurde bis dahin illegal angezapft. Daher wurde eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet", heißt es auf KURIER-Anfrage bei den Wiener Netzen. Sollten die Rückstände bezahlt und ein neuer Vertrag gemacht werden, sei man bemüht, den Strom so schnell wie möglich wieder einzuschalten.
Verworrenes Firmen-Konstrukt
Laut KURIER-Informationen belaufen sich die offenen Forderungen der Wiener Netze auf über 150.000 Euro. Wer diese bezahlen muss, darüber streiten sich drei Parteien, nämlich der Hauptmieter, die Hausverwaltung und der Eigentümer. Seitens des Hauptmieters heißt es, dass er selbst ein Opfer der Machenschaften der Immobilienspekulanten sei. Er habe sofort versucht, wieder eine Stromversorgung zu gewährleisten, deshalb aber mittlerweile Hausverbot am Gaudenzdorfer Gürtel 41. Er mutmaßt, dass der Eigentümer Pecado GmbH das Haus gewinnbringend verkaufen will und die Mieter deshalb hinausgeekelt werden sollen. Sie hätten nur eine lukrative Einnahmequelle dargestellt, bis ein Käufer gefunden wurde.
Die Eigentümer sagen dem KURIER hingegen, dass man gar nicht gewusst hätte, dass es überhaupt Untermieter in dem Objekt gäbe. Es steht Aussage gegen Aussage. Die dritte involvierte Partei ist die Hausverwaltung - und hier wird es interessant: Auch der Gruppe Sofortmaßnahmen, die sich um solche Angelegenheiten in der Stadt kümmert, ist diese Firma bekannt, wie der Leiter Walter Hilllerer sagt: "Diese Firma hat viele Immobilien in der Stadt. Wir beobachten das und sind dahinter."
Neue Masche
Die Vermietung von heruntergekommenen Immobilien an Geflüchtete sei laut Hillerer eine neue Masche, die gerade im Kommen ist: "Es gibt derzeit immer wieder Fälle, wo Geschäftsleute alte Zinshäuser kaufen und warm an Asylwerber vermieten. Die zahlen brav ihre Miete, aber die Rechnungen der Energieversorger werden nicht bezahlt. Die Geschäftsleute nehmen den Leuten das Geld also ab, aber bezahlen den Strom nicht. Im Endeffekt knöpfen diese Geschäftsleute den Steuerzahlern das Geld ab, denn viele dieser Menschen sind in der Grundversorgung."
Lukrative Zwischennutzung
Mit einer ähnlichen Masche sah sich die Stadt auch schon vor acht Jahren konfrontiert. Damals wurden alte Häuser zur Zwischennutzung an Bettlersyndikate vermietet. Die Bewohner mussten teilweise mehrere Hundert Euro pro Woche für einen Schlafplatz bezahlen. Wegen der hohen Miete teilten sich mehrere Menschen winzige Zimmer und die Häuser entwickelten sich zu Massenquartieren in denen teils bis zu 250 Familien lebten.
Die Gründerzeithäuser waren danach so heruntergekommen, dass die Immobilienspekulanten später die Erlaubnis zur Renovierung erhielten. In vielen Fällen wäre das wegen des Denkmalschutzes nicht möglich gewesen. Waren die Häuser dann abgewohnt - oder wie im aktuellen Fall spekuliert wird, ein Käufer gefunden - dann wurden die Bewohner hinausgeekelt.
Für die Mieter am Gaudenzdorfer Gürtel 41 versuchen Mieterhilfe und andere Einrichtungen der Stadt Wien gerade eine Lösung zu finden. Bis es so weit ist, müssen sie aber weiterhin ohne Strom und bei winterlichen Temperaturen in dem Mietshaus wohnen.
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