Michael Ludwig: "Verfahren ein halbes Jahr abkürzen"
KURIER: 81 von 100 Stimmen: Bei der Wahl der Stadtregierung haben sie mit Abstand das höchste Votum erhalten. Sind sie der starke Mann in der Wiener Stadtregierung?
Michael Ludwig: Man freut sich immer über eine breite Zustimmung. Aber dieses Wahlergebnis spielt keine Rolle. Jetzt geht es darum, die im Regierungsabkommen festgelegten Ziele umzusetzen.
Die FPÖ hat Sie diese Woche bei der Abstimmung im Gemeinderat mitgewählt. Schadet oder nutzt Ihnen das?
Ich freue mich, dass das die dritte Wahl als Stadtrat mit einer hohen Zustimmung ist. Das hängt vielleicht damit zusammen, dass ich versuche, fernab parteipolitischer Festlegungen gemeinsame Lösungen zu finden.
Weder Schaden noch Nutzen?
Ja.
Was sagen Sie jenen, die sie als roten Verbinder zur FPÖ bezeichnen?
Ich bin ein sehr bewusster Sozialdemokrat. Das hält mich nicht davon ab, mit anderen Parteien über Sachfragen zu reden. Im Wohnbauausschuss habe ich mit allen Parteien eine gute Zusammenarbeit gefunden.
Finden Sie es gut, dass die Grünen im Pakt zur Donauquerung stehen und gleichzeitig das Tunnelprojekt zu Grabe tragen?
Die Bevölkerung in Floridsdorf und der Donaustadt erwartet sich sehr bald eine Lösung bei den anstehenden Verkehrsproblemen. Will man den Nationalpark erhalten, ist die Tunnelvariante bisher die praktikabelste Lösung. Bis jetzt hat niemand eine bessere Lösung gefunden.
Haben Sie verstanden, wie Grün hier agiert hat?
Verstanden ja. Verständnis nein. Wichtig ist, rasch zu einer klaren Lösung zu kommen.
Zu ihrem Ressort: Im Budgetentwurf 2016 sind weniger Wohnbauförderungsmittel vorgesehen. Wird weniger investiert?
Ich gehe davon aus, dass wir die festgeschriebenen Ziele einhalten, und dass die notwendigen finanziellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Jetzt sollen Bauverfahren schneller abgewickelt werden. Gibt es schon Details?
Ich habe eine Reihe von Maßnahmen festgelegt. Ich werde dem Koalitionspartner anbieten, den Wohnbauförderungsbeirat ersatzlos zu streichen.
Was soll noch schneller abgewickelt werden?
Ich habe dem Planungsressort angeboten, dass Juryentscheidungen des einen Ressorts auch fürs andere gelten. Ziel ist, die Verfahren um bis zu ein halbes Jahr abzukürzen.
Wien gilt als Stadt der Jungen. Mit der Stundung der Eigenmittel wollen Sie dieser Zielgruppe leichter zur geförderten Wohnung verhelfen. Wie geht das voran?
In einer der nächsten Sitzungen werden wir die Verbesserungen bei den Eigenmitteln beschließen. Wir werden die Aktion von jungen Familien auch auf junge Singles ausweiten.
Wien wird bald die Zwei-Millionen-Einwohner-Grenze überschreiten. Was bedeutet das für den sozialen Wohnbau?
Wir haben uns bereits 10.000 neue Wohnungen pro Jahr und in dieser Periode zusätzlich 2000 Gemeindewohnungen vorgenommen.
Aber der Druck in Wien wächst.
Natürlich darf man nicht die Erwartungshaltung wecken, dass alle Menschen, die nach Wien kommen, sofort zu einer geförderten Wohnung kommen. Ich habe zuletzt neue Vergabekriterien eingeführt, wo es einen Bonus für jene gibt, die schon länger in der Stadt leben.
Wie hat sich das ausgewirkt?
Bisher haben 2.000 Wohnungssuchende profitiert und kommen so schneller zu einer Gemeindewohnung.
Wer also neu nach Wien kommt, muss sich auf dem freien Markt umschauen.
Auch bei den Genossenschaften besteht weiterhin die Möglichkeit, sich direkt hinzuwenden. Wir vergeben ja hier nur einen Teil.
Ein Ziel in Wien ist die soziale Durchmischung. Kann eine Stadt die wirklich steuern?
Nicht bis in jede letzte Konsequenz. Aber wir sehen, dass sich dort, wo wir gezielt intervenieren, im geförderten Neubau und der geförderten Sanierung, die soziale Zusammensetzung deutlich ändert.
Eine politisch heiß umkämpfte Zone ist der Gemeindebau. Dort soll jetzt der Ordnungsberaterdienst ausgeweitet werden. Warum?
Wir wissen, dass durch den Einsatz der Ordnungsberater die Zahl der Beschwerden deutlich zurückgegangen ist. Sie werden personell aufgestockt und sollen sichtbarer sein.
Sie sind auch Vorsitzender SPÖ-Floridsdorf. Was unternimmt ihre Partei im Gemeindebau?
Unsere Aktion der Hausbesuche hat sich sehr bewährt. Die wird ausgebaut.
Das Wahlergebnis zeigt dort eine große Unzufriedenheit.
Fast ein Drittel lebt im Gemeindebau. Die Menschen spüren die gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderung. Das bedeutet, wir müssen nicht nur die Diskussion führen, sondern auch die Konsequenzen in unserer Politik ziehen.
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