Nach Messerstechereien: Was bringen die Wiener Waffenverbotszonen?

Zu Ostern 2024 wurde die  Waffenverbotszone am  Reumannplatz verhängt.
Was die Maßnahme gebracht hat und wo ihre Grenzen liegen. Wiens Polizeipräsident rechnet mit Vorschlag zu generellem Messertrageverbot ab Herbst.

Am 1. August wurde eine Waffenverbotszone am Yppenplatz in Ottakring verordnet. Zwei Tage später, am 3. August, erlitt ein 26-Jähriger ebendort einen Messerstich in die Lunge. Er musste notoperiert werden. Das wirft die Frage auf, was Waffenverbotszonen überhaupt bringen.

Um Antworten darauf zu geben, hat die Landespolizeidirektion Wien am Freitag zu einem Medientermin geladen. „Wir sind in Wien in einer Situation, wo sich niemand fürchten muss“, sagt Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl. Man brauche aber nur einen Blick auf die aktuellen Medienberichte zu werfen, um zu wissen, dass in Wien „täglich in irgendeiner Form Messer im Spiel sind“. Zum Teil eben auch in den drei Waffenverbotszonen (siehe Grafik). Betrachtet man allein den Reumannplatz, wo seit Ostern 2024 ein Waffenverbot gilt, so seien von den 200 bisher abgenommenen Waffen und gefährlichen Gegenständen über 140 Messer, sagt Pürstl.

Die Waffenverbotszonen in Wien

Die Verbotszonen in Wien

Bei einer Waffenverbotszone gehe es aber gar nicht darum, möglichst viele Waffen abzunehmen. „Sondern die Gewaltkriminalität einzudämmen oder sogar zu senken.“ Um das zu erreichen, brauche es auch das Bewusstsein der Menschen, dass die Polizei an jenen expliziten Orten vermehrt im Einsatz steht. Es brauche Zeit, bis die Maßnahme wirke.

Zuerst mehr, dann weniger Gewaltdelikte

Die Waffenverbotszonen einer „kurzfristigen“ Betrachtung zu unterziehen, sei deshalb sinnlos. Längerfristig aber habe sich am Beispiel der Waffenverbotszone in Favoriten laut Polizei Folgendes gezeigt: Die Gewaltdelikte im öffentlichen Raum im Betrachtungszeitraum Mai bis Juli sollen von 2023 auf 2024 um über 25 Prozent zugenommen haben. In diesem Zeitraum sei die Gewaltkriminalität deutlich angestiegen. Die Waffenverbotszone, die zu Ostern 2024 verordnet wurde, habe noch keine Wirkung gezeigt.

Heuer, mehr als ein Jahr später, sei das anders. Ebenfalls zwischen Mai und Juli sei ein Rückgang der Gewaltdelikte um zehn Prozent zum Vorjahr verzeichnet worden. „Wir sehen aus polizeilicher Sicht, dass die Waffenverbotszonen durchaus etwas nützen. Dass die Gewaltdelikte auf einem Niveau eingedämmt werden und allmählich auch weniger werden“, sagt Pürstl. Klar sei aber, dass alleine die Verordnung solcher Zonen nichts bringe. „Man muss die Maßnahmen mit polizeilichen Kontrollen verstärken, was wir ja auch tun.“

Delikte ahnden

Außerdem – und das brauche es für die Signalwirkung nach außen – sei es essenziell, Delikte, wenn sie denn passieren, auch zu ahnden, sagt Pürstl. „Das Allerschlechteste wäre, wenn Kriminalität passiert und es keine Konsequenzen gibt.“ Bei Gewaltdelikten liege die Aufklärungsquote in Wien aber bei 75 Prozent, wie der Leiter des Ermittlungsdienstes im Landeskriminalamt, Gerhard Winkler ergänzt.

Auf die Kritik, dass Waffenverbotszonen das Kriminalitätsproblem nicht lösen, sondern nur verlagern, indem sich Täter anderswo zurückziehen, entgegnet der Landespolizeipräsident: Dass sich bewaffnete Menschen aufgrund des Waffenverbots irgendwo anderes aufhalten, „das wird wohl so sein“. Was laut Pürstl aber nicht festgestellt werden konnte, war „ein spezifischer Verdrängungseffekt, in der Weise, dass sich ein anderer Hotspot in der Nähe gebildet hätte“.

Die Schwachstelle der Waffenverbotszone

Dass es sich bei der Waffenverbotszone um eine punktuelle Lösung handelt, sei aber auch ihre Schwachstelle. Wenn man tatsächlich etwas gegen „das Erscheinungsbild Messer im öffentlichen Raum“ unternehmen möchte, so brauche es ein generelles Waffentrageverbot, sagt Pürstl. „Mir hat bisher noch niemand erklären können, warum er mit einem Messer durch die Gegend rennen muss.“

Pürstl habe aber Signale erhalten, dass das Tragen bestimmter Messer schon im Herbst gemäß Regierungsprogramm per Gesetz erschwert werden könnte. Weitere Waffenverbotszonen in Wien sind vorerst nicht geplant.

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