Mariahilf: Hoffen auf Alkoholverbotszone in der Barnabitengasse

Mehrere Männer sitzen nahe des Kaufhauses Gerngross auf Bänken auf der Mariahilfer Straße, einige trinken aus Dosen und Flaschen. Dann erhebt sich einer von ihnen, mit einem ramponierten Plastikbecher bittet er um Geld. Er hat dunkle Haare, ist wohl um die 40, wirkt nicht mehr ganz trittsicher.
Eine Frau spricht ihn an, sagt, dass sie im Haus gegenüber wohne und dass er und die anderen zu laut seien, man könne nachts kaum noch schlafen. Ein Passant mengt sich ein und fragt den Mann mit dem Becher, ob er einer Arbeit nachgehe. Da wird dieser laut. „Im Krankenstand kann ich ned hackeln“, schreit er. Er sei berufsunfähig, bekomme aber kein Geld, obwohl er stundenlang beim Magistrat gesessen sei. Der Mann wird immer lauter, verunsicherte Fußgänger weichen aus.
Eine Szene während eines Lokalaugenscheins vergangene Woche am frühen Abend. Bewohner des Grätzels kritisieren, dass wegen der Gruft, der Obdachloseneinrichtung der Caritas, zunehmend zwielichtige Klienten in die Barnabitengasse und die angrenzende Mariahilfer Straße kämen.
Doch worin wurzelt die Problematik tatsächlich? Der KURIER war mit Anrainern, Bezirksvorsteher und Caritas auf Spurensuche.
„Gruft gehört zu Mariahilf“
Bezirksvorsteher Markus Rumelhart (SPÖ) ist immer wieder mit Beschwerden von Anrainern konfrontiert. „Wobei alle der Meinung sind: Die Gruft gehört zu Mariahilf.“ Aber: „Seit circa fünf Jahren gibt es Klienten, die sich anders benehmen, die lauter und aggressiver sind.“
Rund 60 der Bewohner haben sich zur Initiative „Lebenswerte Barnabitengasse“ zusammengeschlossen, darunter Claudia Heinisch: „Wir möchten betonen, dass wir nicht gegen die Gruft sind. Jahrelang war es eine friedliche Co-Existenz“, sagt sie. Doch nun gebe es Alkohol- und Drogenkonsum, Schmutz, Belästigungen sowie Sachbeschädigungen, beschreibt Walter Bleyer.

Einer der Männer bat beim Lokalaugenschein um Geld und wurde dann laut.
Yasmin Randall, die kürzlich zur Initiative gestoßen ist, wohnt etwa direkt auf der Mariahilfer Straße und betreibt dort ihre Praxis als Psychotherapeutin. Vor ihrem Haus trifft sich die eingangs beschriebene Gruppe. „Teilweise ist es so laut, dass es sogar bei geschlossenem Fenster bei Gesprächen mit den Patienten stört.“
Natürlich habe man großes Verständnis für die Sorgen der Anrainer, sagt Lis Pichler, Leiterin der Gruft. Vor der Einrichtung seien Sozialarbeiter und Securitys unterwegs, ebenso gab es runde Tische mit Bewohnern, Politikern und Exekutive, ein nächstes Gespräch ist im Juni geplant. „Wir bitten, auch Verständnis für obdachlose Menschen zu haben. Zu uns kommen die Ärmsten der Armen“, fügt sie hinzu. „Wir bieten Sozialarbeit, beraten, begleiten, vermitteln“ – dies sei aber freiwillig und könne niemandem aufgezwungen werden.
„Begrenzte Perspektiven“
Ein großer Teil der Menschen, von denen die Rede sei, käme aus Osteuropa, erklärt Rumelhart, „weil sie von der ungarischen Regierung verdrängt werden“. Als Ausländer hätten sie nicht auf alle sozialen Angebote der Stadt Anspruch – daher könne man nur „begrenzt Perspektiven“ anbieten. „Vonseiten des Bezirks haben wir für mehr Reinigung und bessere Beleuchtung gesorgt.“
Auch die Polizei sei häufiger vor Ort – zuletzt übrigens am Tag nach dem Lokalaugenschein. Nach einer Kontrolle habe in der Nacht auf Freitag Ruhe geherrscht, berichtete Randall dem KURIER.

Bezirkschef Rumelhart und Gruft-Chefin Pichler tauschen sich laufend aus.
Was sich alle Beteiligten wünschen? Die Anrainer plädieren für eine Alkoholverbotszone zwischen Andreasgasse und Stiftgasse. „Wir wissen außerdem, dass viele der Klienten psychiatrische Diagnosen haben und professionelle medizinische Hilfe bräuchten“, fügt Randall hinzu. Die Treffen mit der Caritas seien konstruktiv verlaufen, konstatiert Claudia Heinisch. „Jetzt müssen wir dazu kommen, an einem Strang zu ziehen.“
Klarheit: Die wichtigsten Begriffe
Mariahilf ist mit 30 m Höhenunterschied zwischen Mariahilfer Straße und Wienzeile neben dem Alsergrund einer der steilsten inneren Bezirke der Stadt. Hier leben 31.386 Personen auf 1,5 km² Fläche. Der Naschmarkt, der zur Gänze in Mariahilf liegt, wird 2025 umgebaut - hier entstehen sowohl ein Marktraum als auch ein Park auf dem ehemaligen Naschmarkt -Parkplatz. Bezirksvorsteher ist Markus Rumelhart (SPÖ).
SPÖ steht für Sozialdemokratische Partei Österreichs. Gegründet wurde sie 1889 in Hainfeld (NÖ) als Sozialdemokratische Arbeiterpartei, ihre Wurzeln liegen in der Arbeiterbewegung. Die Parteifarbe ist Rot.
In Österreich zählt die SPÖ zu den sogenannten linken Parteien; im Grundsatzprogramm von 1998 bekennt sie sich zu den Werten Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Vollbeschäftigung. Säulen der Partei sind auch die Vertreter aus Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB). Seit 1945 stellt die Wiener SPÖ durchgehend den Bürgermeister – aktuell ist das Michael Ludwig.
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