Ludwig: Wien als "Hauptstadt der Digitalisierung"
Heute startet die "Zukunftsklausur" der Wiener SPÖ auf dem Kahlenberg. Im KURIER-Gespräch erläutert der neue Parteichef Michael Ludwig seine Ideen für die Partei und die Stadt.
KURIER: Heute startet die Zukunftsklausur der Wiener SPÖ. Als Rahmenprogramm ist Karaoke geplant. Wie gut können Sie singen?
Michael Ludwig: Engagiert. Aber wegen des Wetters werden wir heute stattdessen Eisstock schießen.
Zur Vorbereitung der Klausur wurden mit mehr als 30 der 60 Teilnehmer Tiefeninterviews geführt. Was ist dabei herausgekommen?
Mir war wichtig, dass wir schon mit der Methode einen neuen Zugang finden. Bei den bisherigen Tagungen haben meist die Stadträte referiert, die Stellungnahmen zu den einzelnen Positionen waren daher vorhersehbar. Nun haben wir versucht, herauszuhören, wo die persönlichen Einstellungen und Themenschwerpunkte liegen. Das scheint gelungen zu sein. Die Ergebnisse sind sehr breit ausgefallen.
Können Sie bereits Details verraten?
Sehr viele Ansprüche werden an die Zukunftsbewältigung im visionären Bereich gestellt. Umgekehrt gibt es auch eher projektorientierte Anregungen. Am Ende der Tagung werde ich die spannendsten Visionen und Projekte präsentieren.
Was könnte denn so eine Vision sein?
Sicher der Prozess der Digitalisierung in der Arbeitswelt und im Bildungssystem. Ich möchte, dass Wien zu Europas Hauptstadt der Digitalisierung wird.
"Heimat und Lokalität" ist ein weiterer Schwerpunkt. Der Begriff Heimat wurde lange Zeit von der FPÖ vereinnahmt, zuletzt aber auch von Alexander Van der Bellen im Präsidentschaftswahlkampf. Was bedeutet Heimat für die SPÖ?
Mich interessiert nicht, was andere Parteien sagen. Mir geht es darum, das Richtige zu tun. Ich kann verstehen, dass es Menschen gibt, die sagen: "Ich lebe schon seit längerer Zeit in einem Bezirk oder einem Stadtteil und ich möchte, dass das auch in Zukunft meine Heimat bleibt." Das möchten wir gewährleisten. Das heißt nicht, dass wir den Bezirken einen musealen Charakter verordnen. Es muss sich in einer Stadt immer etwas verändern. Aber ich bin stolz auf das ganz spezielle Wiener Lokalkolorit. Wien ist eben keine anonyme Millionenstadt wie andere, sondern eine Stadt, in der man sich heimisch fühlt.
Ist das Wiener Lokalkolorit also gefährdet?
Der hohe Anteil an geförderten Wohnungen ist keine Selbstverständlichkeit. Wir haben auch ein sehr gutes Einvernehmen mit den Sozialpartnern. Das ist nicht nur ein Gegenmodell zur Bundesregierung, sondern auch international gesehen eine Besonderheit.
Viele Menschen fühlen sich nicht mehr sicher in ihrer Umgebung – nicht zuletzt aufgrund der jüngsten gewaltsamen Vorfälle, wie etwa in der Praterstraße. Wie wollen Sie die Wiener davor schützen?
Wien zählt zu den sichersten Millionenstädten. Man muss die Wiener Polizei unterstützen, wo man kann. Nicht nur in der personellen und materiellen Ausstattung. Sondern auch, indem man tatverdächtige oder verurteilte Personen abschiebt, die kein Bleiberecht haben. Das verlange ich mit Nachdruck von der Bundesregierung.
Die Verfassungsrichter hat zuletzt die niederösterreichische Regelung für die Mindestsicherung aufgehoben. Sie selbst haben ebenfalls über eine Wartefrist für neu Zugezogene nachgedacht. Ist das jetzt damit obsolet?
Ich stehe zur Reform der Wiener Mindestsicherung. Man wird nach einer gewissen Zeit evaluieren, wie sich dieser Wiener Weg ausgewirkt hat. Ich war immer für eine bundesweit einheitliche Regelung. Durch die aktuelle Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs gibt es jetzt vielleicht wieder die Möglichkeit, darüber nachzudenken. Es muss jedenfalls einen sichtbaren Unterschied zwischen den Einkommen der Bezieher von Sozialleistungen und von Arbeitseinkommen geben. Das durch höhere Löhne herbeizuführen, wäre natürlich die beste Lösung.
Sind Sie bei der Suche nach neuen Mitgliedern für Ihr künftiges Regierungsteam schon weiter gekommen?
Ich führe laufend Gespräche. Ich werde am 14. Mai ein spannendes Team vorschlagen, das aus erfahrenen und neuen Personen besteht.
Eine der größten aktuellen Baustellen ist das krisengeschüttelte Krankenhaus Nord. Die Opposition plant eine U-Kommission, auch die Grünen sind für eine lückenlose Aufklärung. Würden Sie eine U-Kommission begrüßen?
Man soll sich vor allem damit beschäftigen, was man in Zukunft anders und besser machen kann. Wenn das im Rahmen einer U-Kommission möglich ist, soll mir das recht sein. Dann soll sich aber die Opposition endlich einmal einigen und eine solche Kommission umsetzen. Ich frage mich, warum sie es nicht tut. Ich höre immer nur Ankündigungen.
Erstmals wird mit Saya Ahmad eine Frau mit Migrationshintergrund Bezirksvorsteherin. Was bedeutet das für die Stadt und die Wiener SPÖ?
Generell gilt: Für mich ist es ganz wichtig, Menschen nach ihrer Leistung und nicht nach ihrer Herkunft zu beurteilen.
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