Wienerisches Wirtshaus: Der Buchecker verwöhnt mit Herz und Hirn

Von Achim Schneyder
Eines Tages hatte ein deutscher Gast eine Kleinigkeit zu bekritteln. „Nein, Herr Ober, alles war nicht in Ordnung“, monierte er nach dem Verzehr eines Wiener Schnitzels, „denn auf meinem Teller lag ein toter Fisch. Ich habe das Schnitzel aber trotzdem gekostet, und nur weil es so gut war, habe ich es nicht zurückgeschickt.“
Da hat er g’lacht, der Franz Buchecker, und Licht ins teutonisch-kulinarische Dunkel gebracht. „Wissen Sie, lieber Herr, das, was da auf dem Teller lag, das Sardellenfilet, die Zitronenspalte und der frittierte Petersil, das nennt man ,Wiener Garnitur’, gerne ist auch noch eine Kaper dabei, und diese Garnitur ist seit der Monarchie ein Wiener Klassiker zum klassischen Wiener.“ Und dass der Franz nicht der Herr Ober, sondern der Hausherr und Küchenchef ist, konnte der deutsche Gast ja auch nicht wissen.

Franz Buchecker ist ein Meister des Gebackenen. Wobei der Gast wählen darf, in welchem Fett paniert wird.
Diese Wiener Garnitur steht jedenfalls stellvertretend für das, was auch das „Gasthaus Buchecker“ ist – ein Klassiker nämlich. Im März 2019 hat der Franz gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Karin, Servicechefin und gute Seele, und seinem Sohn Christopher den Betrieb in der Gußhausstraße in Wien Wieden wiedereröffnet, nachdem er zuvor einige Zeit die Wirkungsstätte von Christian Petz gewesen war.
„Das Lokal selbst gibt’s seit rund 45 Jahren und hat sich optisch seither kaum verändert“, sagt der 63-jährige Franz. „Der Besitzer des Hauses, ein Anwalt mit Kanzlei und Wohnung in den oberen Stockwerken, hat sich damit seinerzeit ein zweites Wohnzimmer geschaffen.“ Und Sohn Christopher hat’s inzwischen in die Steiermark verschlagen.

G’schmorter Ochsenschlepp mit Knödeln und Grammeln.
Kehrt man nun beim Buchecker ein, sollte man eines unbedingt mitbringen: eine Vorliebe für Fleischgerichte. Und für Innereien jedweder Art. Und man sollte reserviert haben, zumindest zu den Stoßzeiten. „Aber einen Tisch gibt’s, den kannst nicht reservieren, nämlich den Stammtisch im Schankraum beim Eingang“, sagt Franz. „Nicht mal die Stammgäste können das, aber denen bleibt er vorbehalten. Doch auch da zählt: first come, first served.“
Das originale Backfleisch
Franz Buchecker ist ein g’standener Wiener. Wie der, der auf einem Plakat an der Wand beim Stammtisch hängt – Helmut Qualtinger. Aber der Franz ist kein typischer Wiener, denn Grantler ist er nicht. „Ich bin ein Menschenfreund, den kaum was aus der Ruhe bringt“, sagt der Mann mit dem zum Zopf gebundenen Haupthaar.
Und g’standen wienerisch ist auch die Küche. Und zwar von Kopf bis Fuß – von Kalbskopf bis Schweinsfuß –, und zum Teil auch erfreulich gestrig. „Natürlich bereite ich das Backfleisch auch mit Rostbraten zu, weil das ja erstens nicht verwerflich und zweitens sehr gut ist, aber bei uns gibt’s das Backfleisch eben auch so wie früher ganz authentisch mit gekochtem Rindfleisch. Mit Tafelspitz also oder Beinfleisch und eingerieben mit Senf und Kren und herausgebacken in Butterschmalz.“ Ein Original mit Seltenheitswert auf heutigen Speisekarten.
- Wo?
Gußhausstraße 23, 1040 Wien, 01/9295674. gasthaus-bucheckerundsohn.at. - Wann?
Montag bis Freitag, 12 bis 23 Uhr. - Was und wie viel?
Mittagskarte von 12 bis 14.30 Uhr mit täglich wechselndem Tagesteller (15,80 € mit Suppe), dazu sieben fixe Tagesteller wie Rindsroulade oder Cordon bleu sowie Vegetarisches (14,60 bis 32,50 €). Ab 14.30 Uhr gibt’s die große Karte inklusive Tapas ab 11,20 € (Kalbsbeuscherl oder Rahmherz) bis 22 € (Leber, Hirn, Bries und Kopf vom Kalb gebacken & geröstet). Mittwoch ist immer Bratltag, Donnerstag gibt’s Backhendl. - Warum?
Weil man sich hier vom ersten Moment an zu Hause fühlt. Herzlichkeit ist Programm, beste Küche, Top-Weine, klassisches Wirtshausflair und ein Wirt, den man einfach mögen muss.
Apropos herausgebacken: Beim Buchecker hat man als Gast die Wahl und kann entscheiden, ob in Öl, Schweine- oder Butterschmalz. Und selbstredend aus der Pfanne. „Es gibt Gäste, von denen weiß ich, wie sie’s wollen, und so kriegen sie’s dann auch. Was wiederum ich will, ist, dass die Gäste die Möglichkeit haben, möglichst viele verschiedene Dinge probieren zu können.“
Die Wiener Tapas
Und aus diesem Grund hat der Franz nach spanischem Vorbild die Wiener Tapas in seinem Wirtshaus eingeführt, sprich Kleinigkeiten zum Durchkosten, allen voran Innereien, aber auch Herrlichkeiten wie Rindsrouladen oder Cordon bleu. „Da schafft dann auch ein durchschnittlicher Esser drei oder vier ,Hauptspeisen’ und danach immer noch die Wuzinudeln mit flüssiger Butter und Mohn.“
Der eingewienerte Inder
Franz Buchecker wollte immer Koch werden. Auch wenn sein Vater, ein Berufsoffizier, anderes für den Sohn im Sinn gehabt hätte. „Er hätte gern gesehen, wenn ich auch die Militärakademie gemacht hätte, wie er Offizier geworden und als UNO-Soldat ins Ausland gegangen wäre. Als ich zehn war, haben meine Mutter und ich den Papa für einige Zeit in Damaskus besucht, das hat aber keinen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen.“
Also doch Koch. Als solcher ist er nun seit Ewigkeiten selbstständig und hat seit nunmehr 19 Jahren den treuen Herrn Singh an seiner Seite. „Der kommt aus Indien, war früher Zeitungsausträger und hat die Wiener Küche längst im kleinen Finger. Einmal hab’ ich ihn gebeten, mir was Indisches zu kochen. Da hat er mich ang’schaut, g’lacht und g’sagt: ,Tschuldign Chef, kann i nicht’.“
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