Zu Besuch im "Grünen Baum": Der Platzhirsch im Wild-Wechsel-Land

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Im Wirtshaus „Grüner Baum“ im Feistritztal in Niederösterreich geht’s in der Küche von Christian Donhauser ziemlich wild zu. Und zwar das ganze Jahr – und gerne auch ein bisserl asiatisch.

von Achim Schneyder

Als der inzwischen 43-jährige Christian Donhauser noch ein Bursch war, gab’s in der heute etwas mehr als 2.500 Einwohner zählenden Marktgemeinde Kirchberg am Wechsel 16 Gasthäuser. Sechzehn! Übriggeblieben sind drei. Und von denen ist Mitte Juli zu allem Überdruss auch noch eines ausgebrannt und muss erst wieder generalsaniert werden. „Das war natürlich selbst für alle nicht direkt Betroffenen ein Schock“, sagt Christian, seines Zeichens in neunter Generation Herr über das seit dem Jahr 1650 bestehende Wirtshaus „Grüner Baum“.

Dass der „Grüne Baum“ nun der Platzhirsch hier im Wechselland ist, liegt gewissermaßen auf der Hand, war aber in Wahrheit auch schon früher der Fall. Und das lag und liegt nicht zuletzt an der Qualität der Küche, in der Wild eine zentrale Rolle spielt. Ganzjährig wohlgemerkt. „Mein Papa Karl ist begeisterter Jäger, außerdem betreiben wir eine eigene Jagdwirtschaft“, sagt der Junior. „Und der Opa war g’lernter Fleischhauer. Aus seiner Zeit stammt auch die Fleischbank, die wir heute noch nützen. Hier brechen wir das Wild auf, zerwirken es, und die edlen Teile kommen dann in unterschiedlichster Form auf die Speisekarte, und aus den weniger edlen stellen wir Wildwürste her.“

 Rehfilet und Laberl vom Reh: Beides ein absoluter Traum.

Rehfilet und Laberl vom Reh: Beides ein absoluter Traum.
 

Während ich nun in den Genuss eines großartigen Rehfilets und eines fast noch großartigeren faschierten Rehlaberls komme, perfekt begleitet von vortrefflichen Erdäpfelgnocchi und Steinpilzen, leistet mir der Hausherr und Küchenchef Gesellschaft. „Weißt“, sagt Christian, „es gab bei mir recht früh eine Phase, da hatte ich vom Küchenalltag zwischenzeitlich genug. 2008 war das, also hab’ ich beim Verein Arche Noah im Kamptal ein Praktikum als Gemüsegärtner gemacht. Das war dann vor allem deswegen ein absoluter Glücksfall, weil ich zwar keine neue Bestimmung gefunden hab’, dafür aber ist mir dort meine heutige Frau Magdalena über den Weg gelaufen.“

Aus nah und fern

2011 – und mit Magdalena an seiner Seite, die ursprünglich aus Bayern stammt –, hat er schließlich den elterlichen Betrieb übernommen. „Für sie war vor allem unser 1.600 Quadratmeter großer Gemüseacker ein regelrechtes Paradies, darum gab’s in meiner Küche fast nur hauseigene Produkte“, erzählt Christian. Inzwischen ist das ein bisserl anders, denn die Geburt der Tochter und des Sohnes – heute zehn und sieben Jahre alt und, was den Vater ein klein bisserl verwundert, aus freien Stücken Vegetarier – hatte Einfluss auf den beruflichen Alltag. „Der Acker wurde Magdalena einfach zu viel, drum ist sie jetzt, wenn die Kinder in der Schule sind, im Service. Allerdings gibt’s ganz in der Nähe zwei Bio-Gemüsebauern, die mindestens ebenso gute Qualität garantieren.“

Wie überhaupt so gut wie fast alles aus „ganz in der Nähe“ kommt. Bloß so mancher Einfluss nicht. „Unsere Reisen nach Asien haben kulinarisch großen Eindruck bei mir hinterlassen“, sagt Christian und nennt als Beispiel für so ein „Mitbringsel“ (s)ein Gericht „Wilder Wok“, das fast schon als Wirtshausklassiker in Kirchberg im Herzen des Feistritztals gilt: „Reh in süß-saurer Sauce mit Wok-Gemüse, Thai-Basilikum und Jasminreis. Ganz was Feines… Außerdem gibt’s bei uns immer zwei, oft sogar drei vegetarische Gerichte, aktuell etwa Erdäpfel-Bergkäslaberl mit einer Schwammerlsauce.“

Nun betritt Papa Karl den Schankraum mit dem alten Bretterfußboden, den holzvertäfelten Wänden und den Butzenglasfenstern und gönnt sich ein Bier. „Als mein Vater der Chef war, hatten wir oft von Mai bis September Sommerfrischler aus Wien im Haus, entsprechend viele Zimmer gab’s“, erinnert sich Karl. „Heute sind’s noch fünf. Was ich damit sagen will: Man kann die Abende bei uns genießen, ohne noch ins Auto steigen zu müssen.“

Klassische Rindssuppe köchelt am Herd

Wo die klassische  Rindsuppe viele Stunden lang köchelt…
 

Vorsicht, Suchtgefahr!

Und dann sagt er noch: „Ich hab’ grad Zirbenschnaps ang’setzt, magst einen aus dem Vorjahr kosten? Oder einen Himbeer- oder Nussschnaps? Die machen wir alle selber.“ – „Nuss klingt verlockend“, sage ich und liege in der Annahme richtig, dass die Nüsse vom eigenen Nussbaum im Innenhof stammen. Der ist jetzt im Sommer übrigens ebenso grün wie der Kastanienbaum im nicht sehr großen Gastgarten, könnten also beide die Namenspatrone vom Wirtshaus „Grüner Baum“ sein. „Und?“, frage ich. „Nach welchem ist das Wirtshaus benannt?“ Da antworten Vater und Sohn gleichzeitig – und sagen beide was anderes… „Aber ich muss es wissen“, sagt der Vater mit einem Augenzwinkern, „weil ich bin schließlich der Ältere“. 

Das lässt der Sohn lachend gelten und drückt mir später zum Abschied eine Stange Blutwurst aus Eigenproduktion in die Hand. „Vorsicht, Suchtgefahr“, sagt er. Oh ja, das kann man durchaus so sagen!

Am nächsten Sonntag lesen Sie: Kamolz beim „Floh“

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