Tödliches Sex-Date: 52-Jähriger wegen Tötungsdelikts angeklagt
Seit über einem Jahr sitzt ein 52-jähriger Mann in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in U-Haft, von dem die Staatsanwaltschaft zunächst angenommen hatte, dieser könnte zwei Männer im Zuge von Sex-Dates vorsätzlich getötet und einen dritten betäubt und ausgeraubt haben. Ursprünglich wurde daher wegen Doppelmord-Verdachts ermittelt. Nun liegt die Anklage vor. Sie lautet auf Vergewaltigung mit Todesfolge (§ 201 Absatz 2 StGB), Missbrauch einer wehrlosen Person und schweren Raub.
Wie die Sprecherin der Wiener Anklagebehörde, Nina Bussek, auf APA-Anfrage erläuterte, reichten am Ende die Beweislage und die eingeholten Gutachten nicht aus, um eine Mordanklage beim Landesgericht für Strafsachen einzubringen. Für den Strafrahmen hat das allerdings insofern keine Bedeutung, als das Tötungsdelikt, das dem Mann nun vorgeworfen wird, ebenfalls mit zehn bis 20 Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist.
Staatsanwaltschaft: Mann ist "äußerst gefährlich"
Zusätzlich hat die Staatsanwaltschaft die Unterbringung des Mannes in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragt (§ 21 Absatz 2 StGB). Einem psychiatrischen Gutachten zufolge ist er zwar zurechnungsfähig, weist aber eine hochgradig gestörte Persönlichkeitsstörung auf, die ihn äußerst gefährlich macht. Ohne die im Maßnahmenvollzug vorgesehenen haftbegleitenden therapeutischen Behandlungen wären nach Ansicht der Staatsanwaltschaft zukünftig wieder Straftaten mit schweren Folgen zu erwarten.
Die Strafsache, die vermutlich Anfang 2023 vor einem Schwurgericht verhandelt werden wird - die Anklage ist noch nicht rechtskräftig, Prozesstermin gibt es nach Auskunft von Gerichtssprecherin Christina Salzborn deswegen noch keinen - ist außergewöhnlich. Am 25. Oktober 2021 war in der Wohnung des Angeklagten in Wien-Penzing die Leiche eines 43-jährigen Mannes gefunden worden. Nachbarn hatten schon länger Verwesungsgeruch wahrgenommen und die Polizei alarmiert, die die Räumlichkeiten zunächst aber nicht durchsuchte, weil die Beamten nichts Verdächtiges rochen. Der 52-Jährige ging schließlich selbst auf eine Polizeiinspektion und gab an, in seiner Wohnung befinde sich ein Toter.
Der vorliegenden Anklageschrift zufolge soll der 43-Jährige bereits in der Nacht auf den 1. Oktober 2021 dort zu Tode gekommen sein, indem ihm der Angeklagte eine Überdosis Liquid Ecstasy intravenös in den linken Arm verabreichte und den Mann vergewaltigte, der zu viel von dem Wirkstoff GHB (Gammahydroxybuttersäure, Anm.) abbekommen hatte und daher das Bewusstsein nicht wieder erlangte. Der 52-Jährige hatte sich mit dem Mann über eine schwule Dating-Plattform verabredet. Er bestreitet dem Vernehmen nach weiterhin, ein strafbares Verhalten gesetzt zu haben. Nach seiner Festnahme hatte er erklärt, er und der 43-Jährige hätten "Slamming" betrieben, also zwecks zusätzlichem Lustgewinn intravenös psychoaktive Substanzen konsumiert. Er habe versucht, beim 43-Jährigen mit dessen Einvernehmen "eine Vene zu finden".
Die Staatsanwaltschaft nimmt dem Mann diese Behauptung nicht ab. Seine Angaben seien mit den gutachterlichen Feststellungen - es wurden umfangreiche gerichtsmedizinische und toxikologische Untersuchungen durchgeführt - nicht in Einklang zu bringen, hieß es seitens Behördensprecherin Bussek gegenüber der APA. Die Anklagebehörde glaubt, dem Mann in diesem Fall das zur Anklage gebrachte Tötungsdelikt - er soll den 43-Jährigen zunächst mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt und danach weiter missbraucht haben, nachdem dieser infolge des Liquid Ecstasy in einem wehrlosen Zustand war - nachweisen zu können.
Anders sieht das jedoch bei einem zweiten Toten aus, der schon ein halbes Jahr davor - am 14. Mai 2021 - ebenfalls in der Wohnung des 52-Jährigen entdeckt worden war. Auch mit diesem Mann hatte sich der Angeklagte ein Sex-Treffen ausgemacht. Die Leiche wies - wie der ums Leben gekommene 43-Jährige - eine Einstichstelle am linken Ellenbogen auf, bei einer toxikologischen Untersuchung war man ebenso auf Spuren von GHB gestoßen, und zwar in einer Menge, dass von einer Vergiftung auszugehen war. Kausal für das Ableben dieses Mannes war eine dadurch bewirkte Sauerstoffunterversorgung.
Unklarheiten bei zweitem Todesfall
Obwohl Parallelen zwischen den beiden Todesfällen unübersehbar sind, hat die Staatsanwaltschaft den zeitlich gesehen ersten Fall nicht als Tötungsdelikt zur Anklage gebracht. Mit der für ein Strafverfahren nötigen Sicherheit hätten sich die Angaben des 51-Jährigen zum Geschehen im Mai nicht widerlegen lassen, sagte Mediensprecherin Bussek. Dieser behauptet, sein Sex-Partner sei bereits mit Liquid Ecstasy im Körper bei ihm erschienen, weil man sich zuvor auf Chem-Sex geeinigt gehabt hätte. Die genauen Umstände, die zum Ableben dieses Mannes führen, und der genaue Todeszeitpunkt ließen sich nicht mehr klären, weshalb dieser Todesfall nicht Gegenstand der gerichtlichen Hauptverhandlung sein wird.
Betäubt und ausgeraubt
Dafür umfasst die Anklage auch noch ein Raub-Faktum, bei dem wiederum Liquid Ecstasy eine Rolle gespielt haben soll. Am 5. Juni 2021 hatte sich ein dritter Mann mit dem 51-Jährigen zu einem Sex-Date getroffen. Dieser fand den 51-Jährigen allerdings nicht sonderlich sympathisch, als er bei ihm erschien, und lehnte daher laut Anklageschrift einen intimen Kontakt ab. Der 51-Jährige überredete ihn zu einem Abschiedsgetränk, bei dem er ihm die psychotrope Substanz ins Getränk gemischt und ihn betäubt haben soll. Nachdem er den Mann außer Gefecht gesetzt hatte, soll der 51-Jährige jenem Bargeld und Wertsachen in Höhe von insgesamt 18.000 Euro abgenommen haben. Das Opfer erwachte erst Stunden später aus dem Dämmerzustand.
Der Angeklagte weist bereits 13 Vorstrafen auf. Ein Indiz für seine laut psychiatrischem Gutachten abartige Persönlichkeitsstruktur könnte eine mehr als 30 Jahre zurückliegende Verurteilung sein. In jungen Jahren war der Mann wegen Tierquälerei verurteilt worden, nachdem er 13 Katzen und einige Zebrafinken massakriert hatte.
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