"Immer Antisemit“
Kunschak war aber auch glühender Antisemit, wie nicht zuletzt der Historiker-Bericht über Wiens Straßennamen belegt. In diesem wird Kunschak in die Kategorie A: Personen mit intensivem Diskussionsbedarf eingeordnet.
So sagte Kunschak in einer Nationalrats-Rede im April 1920: „Wenn unser Staat kein Mittel hat, die Juden auszuweisen, dagegen gibt es völkerrechtlich und auch nach dem Friedensvertrag von Saint Germain gar keine Einwendung und keine Befürchtung, daß die Juden in Konzentrationslager hineingesteckt werden; dagegen ist gar nichts einzuwenden, von keinem Gesichtspunkt aus, und wir fordern daher, daß, wenn die Juden soweit sie nicht ausgewiesen werden können und soweit sie nicht freiwillig gehen, unverzüglich in solchen Konzentrationslager interniert werden."
Kunschak blieb seiner Gesinnung aber auch nach dem Krieg und dem Holocaust treu. So soll er im Herbst 1945 auf einer Kundgebung erklärt haben, dass er immer Antisemit gewesen sei und es weiterhin bleibe. In Österreich hätten weder einheimische noch fremde Juden etwas zu suchen.
Für Neos-Klubchef Philipp Pichler ist der ÖVP-Antrag daher schlicht „unfassbar“. Zumal sich darin kein Verweis auf Kunschaks Gesinnung findet. Die Pinken treten vielmehr für eine Umbenennung des Platzes ein.
ÖVP-Klubobmann Klaus Heintzinger behauptet auf KURIER-Anfrage hingegen, Kunschak habe „unseren Recherchen nach" anfänglich vielleicht „gewisse Tendenzen“ gezeigt, dem Antisemitismus jedoch „noch im Jahr 1945 abgeschworen“. Über besagte Kundgebung habe auch nur das Zürcher Israelitische Wochenblatt berichtet, daher sei der Vorwurf nicht aufrechtzuerhalten.
VP-Position nicht haltbar
Die Historikerkommission widersprach dieser Interpretation freilich bereits 2013 unter Verweis auf einen entsprechenden Bericht der Generaldirektion für öffentliche Sicherheit. Und auch Pichler betont, die Position Kunschaks sei „wissenschaftlich deutlich aufgearbeitet".
Vielmehr trage man auch im Sinne der Erinnerungskultur politische Verantwortung, weswegen nicht nur die Tafel abgelehnt, sondern vielmehr die Umbenennung des Platzes gefordert wird. Die Neos schlagen dafür Anna Maria Haas vor, die während des Krieges jüdische Familien versteckte und versorgte und am Hernalser Friedhof begraben liegt.
Grüne: "Stolzer Antisemit"
Auch die Hernalser Grünen werden den Antrag definitiv nicht unterstützen, sagte Klubobmann Richard Heuberger. Offensichtlich habe die ÖVP "vergessen, dass Herr Kunschak auch ein stolzer und unverbesserlicher Antisemit war". Das sei für eine Partei, deren Nationalratspräsident noch vor kurzem vor Antisemitismus gewarnt hat, "schon recht verwunderlich", so Heuberger.
Die SPÖ verwies auf eine Klubsitzung am späten Montagnachmittag, in der man eine gemeinsame Linie festlegen werde. Gegebenenfalls könne man sich eine Zuweisung zur weiteren Beratung an die Bezirkskulturkommission vorstellen, sagte Klubobmann Wolfgang Markytan auf KURIER-Anfrage. Zuerst müsse man jedoch beratschlagen "und danach auch schauen, wie welche der weiteren Parteien abstimmen möchten" - habe man doch keine absolute Mehrheit in der Bezirksvertretung und versuche "dadurch immer einen konsensualen Weg zu erarbeiten".
Bis 2016 wurde von der ÖVP auch jährlich der Leopold-Kunschak-Preis für herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Publizistik vergeben. Nachdem der Journalist Andreas Schnauder den Preis 2016 wegen der antisemitischen Einstellung des Namensgebers nicht annahm, wurde der Preis eingestellt.
Kommentare