Die App, die Leben rettet – vielleicht sogar einmal Ihres

Eine Person reanimiert eine weibliche Person am Boden
Wenn es um Leben oder Tod geht, werden sie alarmiert. Ehrenamtliche, die mit Hilfe einer Handy-App reanimieren, bis die Profis eintreffen.

Von Pascal Manasek

Berufsrettung Wien. Wo ist der Notfallort?“ „Meine Frau atmet nicht mehr, bitte kommen Sie schnell!“ So oder so ähnlich beginnt ein Notruf, wenn ein Mensch einen Herz-Kreislauf-Stillstand erleidet. 

Eine dramatische Situation, die statistisch ungefähr jeden „einmal im Leben“ treffen wird, erzählt Mario Krammel – Chefarzt der Berufsrettung Wien und geschäftsführender Präsident des Vereins Puls, einem Verein gegen den plötzlichen Herztod.

Was viele nicht wissen: In vielen Fällen sind gar nicht Sanitäter der Berufsrettung die ersten, die vor Ort eintreffen, sondern Menschen – sogenannte „Lebensretter“ –, die per App zum Notfallort alarmiert werden.

Alarm: Jetzt zählt jede Sekunde 

Rund 8.000 Freiwillige sind in Wien als „Lebensretter“ registriert. Sie werden alarmiert, wenn während eines Notrufgesprächs ein Herz-Kreislaufstillstand vermutet wird. Auch in anderen Bundesländern gibt es Projekte dieser Art. In ganz Österreich wurden die Ehrenamtlichen dieses Jahr schon über 2.500-mal alarmiert.

Das System funktioniert digital. Über eine Smartphone-App mit dem Namen „LEBENSRETTER“ leisten die freiwilligen Helfer in Wien schnelle Erste Hilfe bei lebensbedrohlichen Notfällen.

Wenn in Wien ein Notruf mit Verdacht auf Herzstillstand eingeht, alarmiert die Leitstelle automatisch registrierte Lebensretter in einem Umkreis von rund 400 Metern. Gleichzeitig werden mehrere Teams der Berufsrettung, Polizei und Feuerwehr – alle mit Defibrillatoren im Fahrzeug – losgeschickt.

„Die ersten beiden Lebensretter werden zur Herzdruckmassage geschickt, weitere gegebenenfalls zum nächsten öffentlichen Defi“, erklärt Mario Krammel. „Das ist wichtig, denn pro Minute ohne Hilfeleistung sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um etwa zehn Prozent,“ betont er.

Fast alle können „Lebensretter" werden

Das System setzt auf Ehrenamtlichkeit. Es ist eine Kooperation aus vielen gemeinnützigen Organisationen. Mitmachen kann fast jeder, der helfen kann und will – für die Registrierung über den Verein Puls ist lediglich ein sechsstündiger Erste-Hilfe-Kurs, wie jener im Rahmen des Führerscheins, sowie eine Selbsterklärung notwendig. 

Für Einsätze stehen in Wien rund 1.000 Defibrillatoren bereit, etwa 300 davon rund um die Uhr. Lebensretter selbst müssen aber nicht jederzeit einsatzbereit sein: Bei einer Alarmierung kann der Einsatz einfach per Klick angenommen oder abgelehnt werden – ohne Angabe von Gründen.

Viele Hände – ein Ziel

Der Verein Puls hat sich das Ziel gesetzt, dass innerhalb der ersten sieben Minuten bei einem Herzstillstand ein qualifizierter Ersthelfer vor Ort ist. Das sei aber ausschließlich mit dem System des Rettungsdienstes nicht möglich. 

Mobile Ersthelfer wie die Lebensretter übernehmen deswegen die simple Aufgabe: lebensrettende Sofortmaßnahmen, wie die Herz-Lungen-Wiederbelebung, durchführen. Das soll eine schnelle und adäquate Versorgung binnen kürzester Zeit ermöglichen. 

Aber wie funktioniert das eigentlich? Dafür gibt es vom Verein Puls eine detailreiche Schritt-für-Schritt Anleitung zur Reanimation. Durch regelmäßiges Training und Vorbereitung könne laut Puls jeder Mensch eine wirksame Laienreanimation durchführen und damit Leben retten.

Schnelle Hilfe rettet Leben

Lebensretter sollen laut Krammel also die ersten Minuten bis zum Eintreffen der Rettung überbrücken. Das ist vor allem wichtig, wenn eine Person – zum Beispiel ein junges Kind – anwesend ist und aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage ist, eine Wiederbelebung durchzuführen.

Dadurch soll nämlich die sogenannte "No-Flow-Zeit" (also die Zeit, in der kein Blut durch den Kreislauf gepumpt wird) verkürzt werden. Er betont ergänzend aber auch, dass „Lebensretter“ den regulären Rettungsdienst nicht ersetzen können und werden.

Es gibt nichts, was man falsch machen kann. Das Einzige, was man falsch machen kann, ist, wenn man nichts tut. Wenn jemand vor einem liegt, der sich nicht rührt – der nicht, oder nicht normal atmet – dann muss man drei einfache Dinge machen: rufen, drücken, schocken!

von Mario Krammel

im Gespräch mit dem KURIER

Die schnelle Hilfe durch Systeme wie „Lebensretter“ (Zivilpersonen) oder „First Responder“ (Einsatzkräfte) zeigt eine positive Wirkung: „Von 2015 bis 2025 stieg die Überlebensrate bei Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb von Krankenhäusern in Wien von 29 auf 39 Prozent, so Krammel.

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