Krankenhaus Nord: Um 180 Millionen Euro "verrechnet"

Krankenhaus Nord: Um 180 Millionen Euro "verrechnet"
Wider besseren Wissens hat der KAV 2017 verkündet, dass 200 Millionen mit Regressen zurückgeholt werden.

Der Bauskandal Krankenhaus Nord ist um eine Facette reicher. Wie sich jetzt herausstellt, hat der Krankenanstaltenverbund (KAV) die Öffentlichkeit nicht korrekt über das finanzielle Ausmaß des Desasters informiert.

Konkret geht es um die Regressforderungen und Versicherungsansprüche gegenüber Firmen auf der Floridsdorfer Baustelle: Noch in einer Aussendung vom 29. September 2017 betonte der KAV, dass man daraus 200 Millionen Euro zurückbekommen werde. Somit würden sich die Gesamtkosten des Baus auf 1,089 Milliarden Euro belaufen. Der für das KH Nord zuständige KAV-Manager war damals noch Thomas Balazs.

Er hätte es zu diesem Zeitpunkt besser wissen müssen. Denn der Quartalsbericht der Begleitenden Kontrolle aus dem April 2017 zeichnet ein deutlich pessimistischeres Bild: „Mögliche Rückflüsse aus Schadensabdeckungen werden in der Risikobetrachtung für den „best-case„ mit ca. EUR 20,0 Mio., für den „Trend“ mit EUR 10,0 Mio. und für den „worst-case“ mit EUR 0,0 Mio. angenommen.“ Soll heißen: Selbst im besten Fall wäre für den KAV nur ein Zehntel der Summe zu lukrieren, die noch im Herbst darauf kommuniziert wurde. Als Gesamtkosten wurden schon damals 1,3 bis 1,4 Milliarden Euro angegeben.

„Während der KAV ein halbes Jahr nach diesem Kontrollbericht noch erklärt, 200 Millionen Euro von Baufirmen zu bekommen, war bereits völlig klar, dass man am Schluss vielleicht sogar mit leeren Händen dastehen wird“, sagt ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec. „Die jetzt veröffentlichten Berichte bestätigen, dass die Bevölkerung auch bei den Regressforderungen falsch informiert wurde.“

Krankenhaus Nord: Um 180 Millionen Euro "verrechnet"

Korosec übt heftige Kritik

Auch die Prüfer des Rechnungshofs fanden keine Hinweise darauf, dass der KAV die 200 Millionen Euro von den Firmen zurückholen könnte. Es erschien ihnen „aufgrund der bisher mangelhaften Wahrnehmung der Funktion als Bauherr zweifelhaft“, dass der KAV diese Summe „in voller Höhe lukrieren wird“, heißt es in seinem Bericht aus dem Vorjahr.

Ende 2017 ging dann Balazs’ Karriere beim KAV abrupt zu Ende. Sein Vertrag wurde nicht verlängert. Unter seinem Nachfolger Herwig Wetzlinger kehrte offenbar eine realistischere Sichtweise ein. „Bei den von der Begleitenden Kontrolle angegebenen 20 Millionen Euro handelt es sich um Versicherungsleistungen“, sagt er nun gegenüber dem KURIER.

Konkret gehe es um mögliche Schäden, die im Verantwortungsbereich der Generalplanung entstanden waren. Derzeit werde noch geprüft, wie hoch die Summe tatsächlich sei, sagt der stellvertretende KAV-Generaldirektor.

Eine Chance auf irgendwelche Regressforderungen, noch dazu in der Höhe von 200 Millionen Euro, sieht Wetzlinger hingegen nicht: „Selbst nach intensiver Auseinandersetzung liegen uns keine Fakten vor, auf die sie sich stützen könnten.“

Fahrplan

Weiterhin geht man derzeit im KAV von Gesamtkosten über 1,34 Mrd. Euro aus, die im vergangenen Juni kommuniziert wurden. Zum Vergleich: 2010 hat man noch mit 950 Mio. und einer Inbetriebnahme im Jahr 2016 kalkuliert. Der Vollbetrieb soll nunmehr im heurigen September beginnen, also drei Jahre später als geplant.

Wie es dazu kommen konnte, klärt derzeit die U-Kommission des Gemeinderats, die am kommenden Dienstag wieder tagt.

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