Konflikt zwischen Ärztekammer und Stadt Wien geht weiter

Konflikt zwischen Ärztekammer und Stadt Wien geht weiter
Gesundheitsverbund wies Vorwürfe zu sterbenden Patienten und Gangbetten "in aller Deutlichkeit" zurück.

In Wien schwelt der Disput zwischen der Ärztekammer und der Stadt weiter. Die Kammer hatte zuletzt wieder eine hohe Arbeitsbelastung von Medizinern in Wiener Spitälern beklagt - und dies mit einer Umfrage untermauert. Verwiesen wurde vor allem auf die Situation in den Intensivstationen. Ärzte sollen demnach berichtet haben, dass man entscheide, wem geholfen werde und wem nicht ("Triage") und dass Patienten am Gang sterben würden. Der Gesundheitsverbund (Wigev) dementierte.

Derartige Berichte würden "in aller Deutlichkeit" zurückgewiesen, betonte der Wigev via Twitter. Auch Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) teilte am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz mit, dass umgehend die ärztlichen Direktoren in den Wigev-Spitälern kontaktiert worden seien. Alle hätten versichert, dass derartiges in ihren Häusern nicht vorgekommen sei.

Starke Grippewelle

"Was stimmt, ist, dass die Spitäler derzeit stark belastet sind: durch das RS-Virus, durch COVID-19 und nicht zuletzt durch die stärkste Grippewelle der letzten Jahre. Die Arbeitsbelastung ist daher für alle Beteiligten hoch", hielt der Wigev in seiner Mitteilung fest. Dies sei jedoch kein Phänomen der Krankenhäuser des Gesundheitsverbunds, sondern betreffe alle Spitäler in Wien und ganz Österreich. Immerhin wären rund zwei Drittel aller Rückmeldungen zur Ärztekammer-Umfrage von angestellten Ärztinnen und Ärzten außerhalb der städtischen Spitäler gekommen.

75 Prozent der Spitalsärztinnen und -ärzte in Wien klagen laut der von der Kammer beauftragten Umfrage über "hohe oder sehr hohe Arbeitsbelastung". Unter den 41 Prozent der Wiener Spitalsärzte, die ihre Arbeitsbelastung als sehr hoch einstufen, waren besonders 40- bis 49-Jährige und Vollzeitbeschäftigte. 54 Prozent gaben den Personalmangel bei den Pflegekräften als sehr belastenden Aspekt im Arbeitsalltag an, 44 Prozent organisatorische bzw. bürokratische Tätigkeiten. An dritter Stelle knapp dahinter wurde der Personalmangel bei Medizinern genannt.

Regelmäßiger Austausch

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) versicherte am Mittwoch, dass er im regelmäßigen Austausch mit allen Landesspitälern sei. Es würden ihm jedoch aus keinem Land Meldungen vorliegen, "dass dort besonders dramatische Zustände sind", sagte er am Rande des Ministerrats-Foyers.

Dass Einsparungen beim medizinischen Personal abgelehnt werden, zeigt jedenfalls auch der vom Pharmaunternehmen Sandoz initiierte aktuelle "Austrian Health Report". Sowohl die allgemeine Bevölkerung als auch medizinische Fachkräfte sind gegen Einsparungen beim medizinischen Personal oder auch bei den Krankenhausbetten, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung. Ziemlich kritisch äußerten sich die Befragten demnach zu den Aspekten Wartezeiten auf Termine, Behandlungen und Operationen sowie Chancengleichheit bei Behandlungen. 40 Prozent der medizinischen Fachkräfte orten hier Verbesserungspotenzial.

80 Prozent von ihnen meinten, dass das Personal im Gesundheitswesen deutlich aufgestockt werden müsse und 65 Prozent sagen, dass Betten in Krankenhäusern nicht reduziert werden dürften. Dieselben Kritikpunkte zeigen sich laut Aussendung auch in der Befragung der Gesamtbevölkerung.

"Personal am Limit"

Die Opposition forderte unterdessen einmal mehr Konsequenzen. "Der Personalstand in den Wiener Spitälern ist nicht mehr am Limit, sondern bereits kilometerweit über dem Limit", befand Barbara Huemer, die Gesundheitssprecherin der Wiener Grünen. Für alle Betroffenen besonders schmerzvoll sei jedoch, dass die Hilferufe von den politisch Verantwortlichen in der Stadt Wien gar nicht gehört oder jedenfalls nicht ernst genug genommen würden, kritisierte sie. Gefordert wurden Sofortmaßnahmen wie etwa die Verbesserung der Versorgung im niedergelassenen Kassenbereich, um Druck von den Spitalsambulanzen abzuziehen.

Stadtrat Hacker solle sich mit den Vertretern der Ärztekammer an einen Tisch setzen, verlangte wiederum FP-Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl. Dass Hacker nur eine Negativ-Kampagne orte, zeige, dass er sich der Misere nicht bewusst zu sein scheine.

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