Trotz all der Beschwichtigungsversuche der Ärztlichen Direktion stehen die Zeichen in der Notaufnahme der Klinik Ottakring weiter auf Streik. Wie berichtet, wollen die dortigen Ärzte am kommenden Freitag zwischen 10 und 11 Uhr die Arbeit niederlegen, um auf ihre prekäre Personalsituation hinzuweisen.
Wenig zur Beruhigung haben die jüngsten Aussagen von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) im Gemeinderat beigetragen.
Er sieht die Mitschuld an den Engpässen beim Ärztlichen Direktor, der zu viele Nebenbeschäftigungen genehmigt habe. So seien von mehr als 20 Dienstposten für Oberärzte nur sechs mit Personen besetzt, die Vollzeit beschäftigt sind.
Verblüfft und mit Kopfschütteln reagiert man beim Streikkomitee auf Hackers Ausführungen. Es gebe derzeit auf der ganzen Abteilung nur drei Oberärzte, offenbar habe der Stadtrat die Ober- mit den Fachärzten verwechselt, so die Komitee-Sprecher Severin Ehrengruber und Aglaia Kotal zum KURIER.
Doch auch ungeachtet dessen sei Hackers Rechnung weit von der Realität entfernt: Laut aktuellen Zahlen arbeiten auf der Abteilung insgesamt 34 Ärzte, gerade elf davon haben eine Nebenbeschäftigung. "Darunter vielfach Vertretungsdienste in Kassen-Ordinationen in einem sehr geringen Ausmaß von nur wenigen Stunden im Monat", sagt Ehrengruber.
Er ortet bei Hacker die Taktik, "die Ärzte als faul und geldgierig darzustellen, um von den eigentlichen Problemen – die Überlastung und die Gefährdung der Patienten – abzulenken. Es ist fürchterlich, dass man gerade im roten Wien so mit Menschen umgeht, die für eine bessere Patientenbetreuung kämpfen."
Auch der laut Hacker bestehende 88-prozentige Deckungsgrad beim ärztlichen Personal entspreche nicht der Realität: Noch im Sommer würden gleich zwei Fachärzte die Abteilung verlassen.
In der Praxis bedeutet die dünne Personaldecke: Allein im Juli müssen acht der 62 Hauptdienste von Kollegen aus anderen Abteilungen übernommen werden. Im August sind es sogar zehn, fünf weitere sind überhaupt noch unbesetzt.
"Dabei ist die Lage im Sommer noch relativ ruhig, weil viele Wiener auf Urlaub sind. Richtig dramatisch wird es erst im Herbst und Winter. Deshalb werden wir jetzt schon aktiv", sagt Kotal.
Rettungszufahrten unfair verteilt
Dass gerade in Ottakring die Lage so kritisch ist, habe laut Ehrengruber mit der ungleichen Verteilung der Rettungszufahrten zu tun, die auf völlig veralteten Berechnungen basieren würden. So wurden im April 1.700 Zufahrten in Ottakring gezählt, während es in der Klinik Floridsdorf nur 1.130 waren.
"Dabei ist die dortige Notaufnahme personell deutlich besser ausgestattet." Noch dramatischer war die Lage im Dezember, wo die Rettung die Klinik Ottakring 2.537 Mal ansteuerte, die Klinik Floridsdorf hingegen nur 1.330 Mal.
"Neben mehr Personal und zusätzliche Zulagen fordern wir daher auch eine faire und transparente Aufteilung der Rettungszufahrten", sagt Ehrengruber.
Keine Gespräche
Bislang stieß man dabei jedoch beim Management des Gesundheitsverbunds (Wigev) bzw. bei der Stadt Wien auf taube Ohren. "Unsere Ärztliche Direktion ist bemüht, eine Lösung zu finden, diese Fragen liegen aber nicht in ihrem Kompetenzbereich", sagt der Arzt. "Seitens Wigev-Generaldirektion und Stadt spricht hingegen keiner mit uns. Mit dem Argument, es handle sich um keinen legitimen Streik." Deshalb denkt man schon an schärfere Kampfmaßnahmen, sollte der kurze Warnstreik am Freitag keine Wirkung zeigen.
Forderungen erfüllt
Im Büro von Hacker verweist man auf die jüngsten Stellungnahmen des Ärztlichen Direktors und des Primars der Notaufnahme. Demnach habe sich nach einem Faktencheck ergeben, dass ein Großteil der Forderungen bereits realisiert bzw. deren Umsetzung bereits angestoßen sei.
Die Abteilung verfüge derzeit über 31 Dienstposten (Vollzeitäquivalente), von denen 27 besetzt seien. Zwei zusätzliche Posten seien genehmigt und können ab sofort besetzt werden. Sind alle offenen Stellen besetzt, können weitere vier Posten genehmigt werden.
Bei der Frage der Rettungszufahrten sieht man im Büro Hacker weniger ein Wigev-internes Verteilungsproblem. Vielmehr habe sich die Lage verschärft, da andere Spitalsträger in Wien (AUVA, Ordensspitäler) seit einiger Zeit weniger Rettungsfahrten annehmen würden, die dann der Wigev übernehmen müsse.
"Kampagne der Ärztekammer"
Zur Kritik der Gesprächsverweigerung sagt der Hacker-Sprecher: "Anstelle das Gespräch mit den gewählten Personalvertretern und den übergeordneten Instanzen zu suchen, haben die Initiatoren des Streiks alle Beteiligten vor vollendete Tatsachen gestellt. Deshalb gibt es jetzt auch keinen Gesprächsbedarf mit ihnen."
Im Streik am Freitag sieht man nichts weiter als eine von der Ärztekammer initiierte mediale Kampagne, "die keinem Arzt und keinem Patienten helfen wird".
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