Karlsplatz: Super urban oder ein Nicht-Platz

Karlsplatz, Reportage
Eine mögliche Aufstockung erregt die Gemüter. Debatten um die Fläche gab es schon oft.

Zerstört, zugebaut, verschandelt. Diese Begriffe waren in jüngster Zeit in Zusammenhang mit dem Karlsplatz zu hören. Mit der Neugestaltung des Wien Museums soll das benachbarte Haus der Zurich-Versicherung um zwei Stockwerke erhöht werden. Das rief Stadtbildschützer auf den Plan: So nah an der Kirche sei das ein Frevel. Johannes Pasquali von der ÖVP Wieden rief die Petition "Rettet den Karlsplatz" ins Leben, die bis heute 6500 Personen unterschrieben haben.

Karlsplatz: Super urban oder ein Nicht-Platz
Karlsplatz, Reportage
Zu Wochenbeginn entfachte Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) eine politische Diskussion, indem er vorschlug, das Versich-erungshaus zu kaufen und als Museumserweiterung zu verwenden. Diese Idee hat er mittlerweile zurückgezogen.

"Schönste Kirche"

Karlsplatz: Super urban oder ein Nicht-Platz
Karlsplatz, Reportage
Aber was denken die Menschen, die am Karlsplatz unterwegs sind? Den Anmut der Karlskirche kann jedenfalls kaum jemand in Abrede stellen. Die 26-jährige Romana Kogelnig ist sogar extra mit zwei Freundinnen aus Kärnten hierher gekommen, um ihnen "die schönste Kirche der Stadt" zu zeigen.
Karlsplatz: Super urban oder ein Nicht-Platz
Karlsplatz, Reportage
Auf den Stufen zum Spiegelteich sitzt TU-Student Simon Prantner. Er ist oft hier, schließlich befindet sich seine Ausbildungsstätte ums Eck. Gefallen findet er an dem Platz aber eigentlich nicht. Er sei zerklüftet, habe kein einheitliches Konzept.

Das ist Kritik, die sich der Platz immer wieder gefallen lassen musste. "Das Problem ist, dass er eigentlich gar kein Platz ist", sagt Architekt Christian Kühn von der TU Wien und zitiert damit Otto Wagner. "Er ist eine Zuschüttung. Dabei wäre es attraktiver, wenn die Überplattung des Wienflusses nur bis zur Secession geführt worden wäre."

Karlsplatz: Super urban oder ein Nicht-Platz
Karlsplatz, Reportage
Dazu kommt eine besondere Verkehrssituation. Der Karlsplatz ist nicht nur die einzige U-Bahnstation, bei der drei Linien zusammentreffen. Er ist auch Dreh- und Angelpunkt für den Autoverkehr, verbindet die Zweierlinie, den Schwarzenbergplatz, die Ringstraße, die Wienzeile und die Wiedner Hauptstraße. Die daraus resultierende sechsspurige Autostraße trennt den Platz ab. "Wollte man da etwas ändern, müsste man radikal vorgehen", meint Kühn. "Das müsste am Gürtel beginnen."

Büros statt Museum?

Sehr wohl sieht Kühn aber ein akutes Bebauungsproblem links der Karlskirche. Häupls Idee fand er eigentlich gut. Der Architekt geht sogar einen Schritt weiter und stellt sogar infrage, ob das Wien Museum überhaupt am Karlsplatz stehen muss. Oder ob ein Büro- und Wohnhaus mit Erdgeschoßlokalen, den Platz nicht besser beleben würde.

Für Matti Bunzl, Direktor des Wien Museums, steht das nicht zur Diskussion. Auch er sieht zwar Handlungsbedarf linker Hand der Karlskirche. Genau das soll im Zuge des Museumsumbaus aber auch geschehen.

Karlsplatz: Super urban oder ein Nicht-Platz
APA20216732_10092014 - WIEN - ÖSTERREICH: Der desgnierte neue Leiter des Wien Museum am Karlsplatz , Matti Bunzl, während einer PK am Mittwoch, 10. September 2014, in Wien. FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER
Geplant ist ein Kaffeerestaurant am Vorplatz, das nicht nur Museumsbesucher, sondern auch Passanten anziehen soll. Derzeit befinde man sich mit den Architekten in der Detailplanung des Hauses. "Es muss etwa geklärt werden, wo die Lifte und die Toiletten hin sollen", sagt Bunzl. Wann zu bauen begonnen werden kann, hängt davon ab, wann die Flächenwidmung steht und die Finanzierung seitens der Stadt fixiert ist. Einen konkreten Zeitpunkt könne er noch nicht nennen.

Nicht alle haben aber ein Problem mit der Zerklüftetheit.

Karlsplatz: Super urban oder ein Nicht-Platz
BILD zu OTS - Im Bild: v.l.n.r. Andreas Wiesmüller, Bert Jachmann, Peter Fallnbügl
Für Unternehmer Andreas Wiesmüller war die Urbanität des Platzes der ausschlaggebende Punkt dafür, das Kunsthallencafé zu übernehmen. Sein "Heuer am Karlsplatz" hat sich nicht nur als gastronomischer Hotspot etabliert, der angrenzende Karlsgarten hat sich auch als Forschungsstelle für urbane Landwirtschaft bewährt.

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