Erste Einblicke ins erste Wiener Jugendgefängnis

46-215600481
Ab November sollen hier 72 Jugendliche ihre Haft absitzen. Zuletzt geriet die Justizanstalt wegen Prügel-Videos in die Schlagzeilen.

In einem der historischen Räume der Justizanstalt Münnichplatz in Wien-Simmering üben die jugendlichen Insassen gerade Mathematik. Im Nebenraum lesen sie gemeinsam. Aus einer der Werkstätten duftet es nach frischem Gebäck. In der nächsten nach frisch geschnittenem Holz.

Aktuell sind 15 Insassen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren in der neu eröffneten Justizanstalt inhaftiert. Die eine Hälfte sitzt wegen Eigentumsdelikten eine Haftstrafe ab, die andere Hälfte wegen Gewaltdelikten. Durchschnittliche Haftdauer: rund sechs Monate.

Was eigentlich ein Vorzeigeprojekt sein sollte, geriet in den vergangenen Wochen durch Negativ-Berichte in die Schlagzeilen. So waren Videos von schweren Prügeleien unter den jungen Männern aufgetaucht. Und auch solche, wo Außenstehende einen Zaun überwunden hatten, um mit den Inhaftierten in Kontakt zu treten – der Zaun wird nun übrigens durch eine meterhohe Hecke blickdicht gemacht.

Neue Leiterin

Am Dienstag erhielten Medienvertreter einen ersten Einblick in die Justizanstalt, die derzeit eine Baustelle ist. Geleitet wird die Justizanstalt seit April von Seada Killinger – sie leitete zuvor die Justizanstalt Krems.

46-215600477

Seada Killinger leitet die Justizanstalt Münnichplatz

Erst eine von drei Insassen-Abteilungen ist aktuell bezogen. Die Hafträume teilen sich in der Regel zwei junge Häftlinge. Die Werkstätten, in denen sie auch eine Ausbildung in sieben verschiedenen Lehrberufen absolvieren können (darunter Tischler, Schlosser oder Maurer), teilen sie sich mit erwachsenen Inhaftierten der Justizanstalt Simmering.

Nur wenige der Jugendlichen verfügen über einen Pflichtschul-Abschluss. Daher findet auch Basis-Unterricht statt, manche beginnen hier, Deutsch zu lernen. Daher werden ab September auch vier Lehrer ihren Dienst antreten.

Im Vollbetrieb (geplant ab November) sollen hier 72 männliche Jugendliche untergebracht sein. Sie werden dann von 80 Mitarbeitern betreut. Neben 60 Exekutivbeamten gehören Sozialpädagogen, Therapeuten und Psychiater dazu.

46-215600478

Unterricht für die Inhaftierten am Münnichplatz

Man wolle die Jugendlichen fit für den Arbeitsmarkt machen, heißt es. Geplant ist, dass sie auch für gemeinnützige Arbeit eingesetzt werden. Zudem will man mit Fußballvereinen in Kontakt treten.

Deutlich lockerer als in normalen Justizanstalten werden die Öffnungszeiten der Zellen gehandhabt. Aktuell sind diese bis 17 Uhr offen, später bis 19 Uhr.

Kommentare