Jederzeit, kostenlos und ohne Geräte trainieren
Hoch und runter stemmt sich Dominik Mikes im Donaupark. Die um ihn versammelten Menschen tun es ihm gleich. Fast synchron führen sie ihre Liegestütze aus. Im Hintergrund macht gerade ein kleine Gruppe Pause und dehnt ihre angestrengten Muskeln.
Mikes ist der Leiter der Sportgruppe "Calisthenics". Hinter dem Training steht mehr als nur der Drang sich körperlich zu betätigen. Um nicht alleine zu schwitzen, trainieren sie in Gruppen, die sich hauptsächlich über Facebook organisieren. In Wien gibt es beispielsweise die Facebook-Gruppen "Freeletics" und "Calisthenics".
Die beiden Gruppen vereint ihre Philosophie: Kostenlos, ohne jegliche Trainingsgeräte und zu jeder Jahreszeit im Freien Sport zu machen. Ganz unter dem Motto: Es gibt keine Ausreden. "Falls es einmal zu wenig anstrengend ist, hängt sich einfach jemand anderer an den Trainierenden an und der macht dann die Klimmzüge mit dem zusätzlichen Gewicht", erklärt Mikes. Auf Facebook haben die Calisthenics ungefähr 691 Mitglieder. Die Idee des organisierten Trainierens kommt aus Amerika und steht, neben dem Sportlichen, auch für ein Miteinander über die sozialen Grenzen hinweg, erzählt er. Konkurrenz sieht er in den anderen Sport-Gruppen nicht.
Freeletics ist mit ungefähr 5.955 Mitgliedern deutlich größer als Calisthenics. Der Ursprung dieser Bewegung liegt in München und wird von Markus Gottwald und Harry Steinwender in Wien betreut. Bei dieser Gruppe gibt es als Trainingsanleitung auch die kostenlose "Freeletics App". Nach der Registrierung kann ein virtueller Coach zusätzlich erworben werden.
Keine Konkurrenz
Die großen Fitnesscenterketten "John Harris", "Fitinn" und "McFit" sehen in dem kostenlosen Trainingsangebot keine Konkurrenz. Die Fitnesscenter betonen, dass sie jede Initiative begrüßen die Menschen zu mehr Bewegung verhilft. Kritisch betrachtet Alfredo Scarlata von John Harris jedoch das Training mit einem App, bei dem die korrekte Ausführung der Bewegung nicht überprüft wird. "Nicht selten sind auch schmerzhafte Sportverletzungen die Folge", sagt er.
Gottwald von Freeletics kennt die Kritik und verweist auf die Trainigseinheiten, bei denen "Profis dabei sind und Übungen, die Probleme machen, vorzeigen. Die Teilnehmer sollen die Übungen auch selbst durchführen und werden, falls notwendig, von den Profis korrigiert."
Potenzial nach oben
Auch die Stadt Wien wurde auf den Trend aufmerksam. Es wurden, speziell im letzten Jahr, mehr Trainigsbereiche geschaffen, sagt Gottwald. Er sieht jedoch noch großes Potenzial für weitere Maßnahmen "weil die Community immer weiter wächst".
Die Verwaltung der Wiener Parks unterliegt prinzipiell den Wiener Stadtgärten (MA42). Die Beauftragung erfolgt durch die jeweiligen Bezirke und wird von der MA42 abgewickelt und genehmigt. Die Magistratsabteilung beobachtet einen Anstieg der Nachfragen zu diesem Thema. In neu errichteten Parks werden diese Sportflächen meistens schon mit eingeplant.
Mehr als Sport
In der Freeletics-Gruppe wird gegenseitig auf einander geachtet, betont Gottwald. Es geht neben dem sportlichen Aspekt auch um die gegenseitige Unterstützung, die oft nichts mehr mit Sport zu tun hat. Beispielhaft sagt Gottwald: "Wenn ich jemanden beim Training sehe, der sehr schüchtern ist, versuche ich das Selbstbewusstsein der Person zu stärken." Auch Mikes von Calisthenics hat diesbezüglich Erfahrungen gemacht: "Innerhalb der Gruppe sind auch tiefe Freundschaften entstanden. Letztens waren wir sogar auf der Hochzeit eines Mitglieds."
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