Es gab eine Zeit, da wurde die Existenz von Gangbetten in den Wiener Gemeindespitälern von den Verantwortlichen geleugnet. Als immer wieder Fotos auftauchten, die diese fragwürdige Unterbringung von Patienten dokumentierten, setzte die Stadt eine Taskforce zur Behebung dieses Missstands ein. Einige Jahre waren danach Gangbetten kein Thema mehr.
Inzwischen gehören sie aufgrund der drückenden Personalnot jedoch wieder zum Alltag in den Wiener Krankenhäusern.
Aktuell besonders stark betroffen ist die Unfallchirurgie an der Klinik Ottakring, wie Infos nahelegen, die dem KURIER vorliegen. Demnach waren dort allein in der Vorwoche von Mittwoch bis Freitag täglich im Schnitt acht Patienten in Gangbetten untergebracht.
100-Jährige am Gang
Und das nicht nur übergangsweise für einige Stunden. Manche Patienten waren gleich mehrere Tage am Gang untergebracht – mit allen Begleiterscheinungen wie ständigem Lärm und Hektik sowie einer sehr eingeschränkten Nachtruhe.
Versorgt werden auf der Abteilung zahlreiche ältere Menschen, die sich etwa nach Stürzen Brüche zugezogen haben. Und so kommt es, dass in der Vorwoche eine 100-jährige Patientin von Montag bis Freitag in einem Gangbett untergebracht war. Eine jüngere Frau lag Stand Freitag bereits den fünften Tag im Gangbett.
"Wie in einem indischen Zug"
Bis zu vier Gangbetten seien schon in den vergangenen Monaten in der Unfallchirurgie nicht unüblich gewesen, schildert ein Mitarbeiter der Klinik dem KURIER. „Die Gegebenheiten auf der Unfallchirurgie erinnern an einen indischen Zug. Als zuletzt Bilder aus dem AKH für Aufsehen sorgten (Patienten waren am Boden untergebracht, Anm.), ließ das viele der Mitarbeiter hier nur milde lächeln.“
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Schuld an der Misere sei der Mangel an Pflegekräften, weshalb eine der drei Unfallchirurgie-Stationen gesperrt sei, sagt der Mitarbeiter. Deshalb müsse man die Patienten auf die beiden restlichen Stationen verteilen.
60-Stunden-Wochen üblich
Denn das Patientenaufkommen bleibe gleich hoch. „Um die Hüftfrakturen versorgen zu können, die ansonsten bei den älteren Patienten lebensbedrohlich sein können, werden massiv Überstunden gemacht“, sagt der Mitarbeiter. „Seit einem halben Jahr sind 60-Stunden-Wochen üblich.“
Er ist überzeugt davon, dass sich nur durch massive Gehaltserhöhungen in den besonders betroffenen Bereichen das Problem der Personalflucht lösen ließe.
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Auch am Montag gab es wieder acht Gangbetten in der Unfallchirurgie der Klinik Ottakring, wie ein Sprecher des Wiener Gesundheitsverbunds (Wigev) bestätigt.
Er begründet diese umstrittene Unterbringung – anders als der Mitarbeiter vor Ort – weniger mit Personalnot, denn mit medizinischen Notwendigkeiten: „Gerade an den unfallchirurgischen Abteilungen sind häufig ältere und aufgrund etwa von Verwirrungszuständen sehr unruhige Patienten aufgenommen, die zu deren eigener Sicherheit in Stützpunktnähe positioniert werden (bessere Überwachung). Dies ist hauptsächlich in der Nacht notwendig“, betont er.
Zu den Bettensperren in der Abteilung sagt er: „Eine Station ist derzeit gesperrt. Während einer anstehenden Fenstersanierung wird eine Übersiedlung auf diese derzeit gesperrte Station stattfinden. Die zurzeit gesperrten Betten werden durch Kapazitäten für unfallchirurgische Patienten der Klinik Penzing kompensiert.“
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