Heimskandal: Stadt hält Akten zurück

Das Schloss Wilhelminenberg
Notwendige Schriftstücke werden nicht angeliefert, Aussagen von ehemaligen Erzieherinnen sind lückenhaft.

Die von der Stadt Wien eingesetzte Wilhelminenberg-Kommission wird von der Stadt Wien in ihrer Arbeit behindert. Derart kurz und bündig lassen sich Teile des zweiten Zwischenberichtes der Kommission zusammenfassen.

Wie berichtet, wurde die Richterin Barbara Helige im Herbst des Vorjahres mit der Gründung der Wilhelminenberg-Kommission beauftragt. Gemeinsam mit drei Experten und gut einem Dutzend Historikern werden seither die vom KURIER aufgedeckten Vorwürfe ehemaliger Zöglinge des 1977 geschlossenen Kinderheims im Schloss Wilhelminenberg geprüft. Neben seelischer, körperlicher und sexueller Gewalt, sollen auch die Vorwürfe der Kinderprostitution und ein angeblicher Todesfall im Heim geklärt werden.

Am Montag veröffentlichte man den zweiten Zwischenbericht. Zahlreiche Interviews mit ehemaligen Heimkindern konnten bereits geführt werden. Probleme tauchten allerdings bei der Befragung von ehemaligen Erzieherinnen und Erziehern auf. Es kam "zu Verzögerungen, nachdem die MA 2 (Personalservice der Stadt, Anm.) erst langwierig datenschutzrechtliche Voraussetzungen im Zusammenhang mit Personalakten prüfte. Diese Akten werden der Kommission erst im Laufe des Juni zugänglich", sagt Helige.

Bei Start der Kommission war Helige die Einsicht in sämtliche Akten der Stadt zugesichert worden. Warum die Stadt Wien die Arbeit einer von ihr eingesetzten Kommission verzögert, erklärt man im Büro der zuständigen Stadträtin Sandra Frauenberger folgendermaßen: "Es ging darum, eine Lösung zu finden, die den Datenschutz der ehemaligen Mitarbeiter und ihrer Angehörigen nicht gefährdet, und zugleich das öffentliche Interesse nach Aufklärung nicht behindert." Diese Lösung habe man gefunden. "Eines ist uns klar: Der Datenschutz muss passen", sagt Helige, die aber befürchtet, dass sich der für Ende des Jahres geplante Endbericht der Kommission verzögert.

Schwierige Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit mit Heim-Mitarbeitern gestalte sich ebenfalls schwierig. "Bedauerlicherweise haben sich bis auf wenige Personen keine weiteren Angestellten bei gemeldet", erklärt Helige. Die bisher geführten Interviews mit ehemaligen Erzieherinnen hätten wenig Aussagekraft, "weil die Erinnerungen oft lückenhaft geschildert werden oder überhaupt fehlen", heißt es im Zwischenbericht.

Helige hofft, dass ehemalige Mitarbeiter der Heime, aber auch Psychologen und Psychiater, die Gutachten über Heimkinder erstellt haben, "ihr Schweigen brechen". Die Kommission ist unter 0660/5282873 erreichbar.

Weiterführende Links

Mehr zum Thema

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare