Hannah und die weißen Pferde

Bereiteranwärterin Hannah Zeitlhofer mit ihrem Siglavy „Toastie“ Batosta, dem sie, so oft es geht, eine Karotte zusteckt.
Hannah Zeitlhofer ist die erste Bereiteranwärterin in der Spanischen Hofreitschule.

Touristen mit iPads neben Schülern, die die Beine vom Stuhl schlenkern lassen: Die Zuschauerränge in der Spanischen Hofreitschule sind an diesem Morgen voll besetzt. Zu den Klängen von Mozart, Schubert und Strauß verfolgen die Gäste die Morgenarbeit der Bereiter. Erst bei genauerem Hinschauen fällt auf, dass unter den sechs Reitern auch eine Frau ist. Sie trägt den gleichen braunen Frack wie ihre Kollegen. Ihre langen braunen Haare sind unter der Reitkappe versteckt. Kerzengerade sitzt sie auf ihrem Schimmel, der mit gebogenem Hals und federndem Schritt die Reitbahn durchquert.

Als Hannah Zeitlhofer vor sieben Jahren das erste Mal ihre Uniform probierte, verschwanden ihre Hände in den zu langen Ärmeln und das Hemd reichte bis zum Knie. Es war ein Männerhemd. Aber bis zu diesem Zeitpunkt hatte man in der Spanischen Hofreitschule nichts anderes gebraucht: Hannah Zeitlhofer ist die erste Frau, die eine Ausbildung in der Spanischen Hofreitschule begonnen hat.

Männer

Hannah und die weißen Pferde
Bereiter-Anwärterin Hannah Zeitlhofer mit ihrem Lippizaner am 16.04.2015 in Wien. Zeitlhofer ist die erste Frau, die eine Ausbildung in der Spanischen Hofreitschule beginnen konnte.
Dabei hatte sie ihre Bewerbung auf gut Glück abgeschickt. Chancen hatte sie sich keine ausgerechnet. Sie wusste, dass es ein Männerberuf war. "Als ich dann einen Antwortbrief und eine Einladung zum Vorreiten erhielt, konnte ich es nicht fassen", sagt Zeitlhofer – und grinst. Für die Möglichkeit in der Hofreitschule jeden Tag mehrere Stunden im Sattel sitzen zu können, nimmt sie auch den Dienstbeginn um sechs Uhr Früh, die dicke Uniform, das tägliche Sattel- und Zaumzeugputzen sowie das Aufsteigen ohne Steigbügel gerne in Kauf.

Zu verdanken hat sie ihren Ausbildungsplatz Elisabeth Gürtler. 2007 wurde diese Generaldirektorin des 450 Jahre alten Traditionshauses und brach zu Beginn gleich mit einer Tradition – sehr zum Missfallen einiger älterer Bereiter, die es nicht verstehen wollten, was hier auf einmal Frauen zu suchen hatten.

Das ist mittlerweile anders. Als Hannah Zeitlhofer nach ihrer Reiteinheit mit einigen Kollegen auf den Bänken in der Halle entspannt, ist sie selbstverständlich Teil der Gruppe. "Wieso sollte das anders sein?", fragt Oberbereiter Andreas Hausberger. Er ist seit 30 Jahren in der Hofreitschule tätig und hat sich immer dafür eingesetzt, dass Frauen dazukommen. "Das war keine Tradition, das war Diskriminierung", findet er. Schließlich seien 90 Prozent der Reiter Frauen.

Eigenes Pferd

Seit Hannahs erstem Vorreiten vor sieben Jahren, ist viel passiert. Mittlerweile ist sie nicht mehr Elevin, sondern Bereiteranwärterin und darf in manchen Vorstellungen mitreiten – vielleicht sogar bei der Jubiläumsvorführung.

Hannah und die weißen Pferde
Bereiter-Anwärterin Hannah Zeitlhofer mit ihrem Lippizaner am 16.04.2015 in Wien. Zeitlhofer ist die erste Frau, die eine Ausbildung in der Spanischen Hofreitschule beginnen konnte.
Außerdem hat sie ein Pferd, das sie ausbilden muss (oder eher darf). Es ist der Schimmel, dem sie gerade eine Karotte zusteckt: Siglavy Batosta, privat auch Toastie genannt. Eigentlich hätte er verkauft werden sollen, weil er so dünn und klein war, aber für Zeitlhofer war er ein Glücksgriff. Derzeit versucht sie ihm die ersten Figuren zu lehren. Die Passage kann er schon. Wenn Toastie gut genug ist, um in der Schulquadrille mitzumachen, ist seine Ausbildung fertig – und Zeitlhofers auch. Das Ausbilden eines Pferdes ist so etwas wie die Diplomarbeit der Hofreitschule. Dann steigt der Bereiteranwärter zum Bereiter auf.

Ein paar Jahre wird das wohl noch dauern. Aber Hannah Zeitlhofer hat keinen Stress. Sie hat doch schon den besten Job der Welt.

Die erste Frau im Sattel: Hannah Zeitlhofer

......ist die erste Frau, die eine Ausbildung in der Spanischen Hofreitschule beginnen konnte. Geboren und aufgewachsen in Wien, verbrachte sie die Ferien meist im Waldviertel. Ihr erstes eigenes Pferd bekam sie mit neun Jahren – einen Haflinger. Nach dem Gymnasium studierte sie Pferdewissenschaften an der Veterinäruniversität Wien.
Als Bereiteranwärterin kann sie mittlerweile bei offiziellen Veranstaltungen mitreiten, etwa bei den „Jungen Hengsten“. Mit etwas Glück wird sie bei der Jubiläumsvorführung in der 12er-Schulquadrille zu sehen sein.

450-Jahr-Feier Jubiläumsprogramm
Donnerstag, 25. Juni, 19.00 Uhr: Vorpremiere, Heldenplatz.
Freitag, 26. Juni, 19.00 Uhr: Jubiläumsvorführung, Heldenplatz.
Freitag, 26.Juni, 21:00 Uhr:
Fête Impériale 2015, Spanische Hofreitschule (Michaelerplatz).
Samstag, 27. Juni, 19.00 Uhr: Galavorführung, Heldenplatz.
Infos unter: www.srs.at und www.fete-imperiale.at

KURIER CLUB-Mitglieder bekommen 22 Prozent Ermäßigung auf Tickets für die Jubiläums- sowie für die Galavorführung.

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