Grüne: "Wien-Becher" soll Wegwerfbecher ersetzen

"Coffee to go": Ein Pfandsystem oder selbst mitgebrachte Mehrweggebinde sollen den Müllberg reduzieren, so der Plan der Wiener Grünen.

"Coffee to go" erfreut sich in Wien immer größerer Beliebtheit. Die Papierbecher, in denen der Kaffee zum Mitnehmen ausgeschenkt wird, sorgen allerdings für erhebliches Müllaufkommen. Die Wiener Grünen wollen deshalb ein Pfand- oder Mehrwegbechersystem etablieren. Die Wirtschaftskammer ist nicht abgeneigt, sieht aber viel Klärungsbedarf.

In Berlin ist vor wenigen Tagen eine ähnliche Aktion angelaufen, in der Einwegbechern der Kampf angesagt wird. In der deutschen Bundeshauptstadt setzt man dabei auf ein Pfandsystem.

Jährlich 70 Millionen Becher

"Über 90 Prozent der Wiener trinken Kaffee in der Früh und immer mehr in der 'To go'-Variante", sagte der Grüne Wirtschaftssprecher Peter Kraus am Donnerstag vor Journalisten. Der Großteil werde aus Papierbechern getrunken. "Die haben eine Lebensdauer von 15 Minuten." Täglich würden 200.000 dieser Trinkgefäße im Mistkübel landen: "Das sind mehr als 70 Millionen Becher oder 988 Tonnen Müll im Jahr".

Das Problem: Die Becher sind nicht rein aus Karton, sondern enthalten Kunststoffe. Das macht Recycling unmöglich. "Sie müssen verbrannt werden", betonte Kraus.

Um den Müllberg zu reduzieren - als Zielmarke nannte der Grün-Mandatar eine Halbierung der Menge in den kommenden fünf Jahren - sieht die Wiener Regierungspartei zwei Möglichkeiten: ein Pfandsystem oder die Etablierung von Mehrwegbechern.

Zwei mögliche Varianten

Bei ersterer Variante geben die Kaffeehäuser oder Bäckereien um ein oder zwei Euro Becher aus, die nach dem Kaffeegenuss wieder zurückgegeben werden können - ähnlich wie bei Festivals oder anderen Großveranstaltungen. Damit das Sinn macht, brauche es aber freilich einheitliche Gebinde, damit diese von allen Partnerbetrieben ausgegeben bzw. zurückgenommen werden können, sowie ein Logistiksystem hinsichtlich Reinigung, Auslieferung und Abrechnung.

Leichter praktikabel sei die gezielte Förderung von Mehrweggefäßen. Der Koffeinliebhaber lässt sich dabei Melange und Co. in den eigenen Becher einfüllen, um ihn dann zu Hause selbst zu waschen. Um das schmackhaft zu machen, könnten die Partnerbetriebe den Kaffee für Kunden, die auf den Wegwerfbecher verzichten, um 20 Cent billiger anbieten, schlug Kraus vor.

Vielleicht aus Bambus

Die Stadt könnte hier einen eigenen "Wien-Becher" aus nachhaltigen Materialien - es gibt beispielsweise eine Bambus-Variante - produzieren lassen und zum Einkaufspreis abgeben oder an ausgewählte Personengruppen wie Erstwähler verschenken. Ein solches Modell gebe es etwa schon in Berlin, so Kraus.

Gastro-Branche "prinzipiell" interessiert

Seitens der Gastronomen zeigt man durchaus Interesse an nachhaltigeren "Coffee to go"-Ansätzen. "Wir hielten das prinzipiell für eine gute Lösung", versicherte Wolfgang Binder, Spartenobmann der Kaffeehäuser in der Wiener Wirtschaftskammer, im APA-Gespräch. Man müsse sich allerdings schon genau überlegen, wie so etwas umgesetzt werden könne.

Offene Fragen zu Reinigung, Hygenie und Design

In Sachen Pfandsystem müsse etwa geklärt werden, wie die Reinigung erfolge oder auf welches Design man sich einigen könne. Bei Mehrwegbechern, die der Kunde mitbringt, stelle sich ebenfalls die Hygienefrage: "Was ist, wenn jemandem nach dem Kaffeetrinken schlecht wird oder der Gast krank wird? Wer ist dann verantwortlich?"

Konkrete Gespräche zwischen Rathaus und Wirtschaftskammer gebe es in der Sache derzeit nicht, so Binder. Man würde solche aber durchaus begrüßen.

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