Großstadttraum von großen Fischen

Fischer Donaukanal
Am Donaukanal mitten in Wien sitzen von Passanten skeptisch beäugte Angler.

Zaim Zulijkic, 58, sitzt fast jeden Tag hier auf der Treppe bei der Augartenbrücke und hängt seine Angel ins Wasser. Ihm gegenüber ragt der Ringturm in die Höhe, daneben die Rossauer Kaserne. Hausmeister war Zulijkic lange, bis ihn zwei Krebserkrankungen in die Invaliditätspension zwangen. Einen Zander, sieben Kilo schwer, hat ein Kollege hier kürzlich aus dem Wasser geholt, erzählt er; bei ihm reicht es an diesem Vormittag nur für eine kleine Nase (eine Karpfenart), die er gleich wieder in die Freiheit entlässt. Aber so wichtig sei der große Fang nicht, sagt der 58-Jährige, „das hier ist psychischer Urlaub, so oder so.“

Mehr als 200 Fischer gibt es hier am Donaukanal, auch wenn der Platz zum Angeln immer weniger wird. Die vielen Lokale an der stetig wachsenden Ausgehmeile haben die Reviere zurückgedrängt – wie aus einer anderen Zeit wirken die bodenständigen Fischer dann auch.

Fisch-Vielfalt im Kanal

Über 60 verschiedene Fischarten leben hier, erzählt Zulijkic. Karpfen, Zander, Hecht, Wels, Forelle, Brachse oder Nase. Im Großen und Ganzen sei das hier ein ganz normales Fischrevier, auch wenn der Schiffsverkehr natürlich beim Angeln störe. Ein schnell vorbeifahrendes Schiff kann mit seiner Bugwelle eine kleine Überschwemmung auf der Treppe auslösen. Doch die Wasserqualität sei top, das werde auch von offiziellen Stellen bestätigt. Schwarzfischer gebe es hier keine, doch es gebe auch „genug Depperte“, die sich an keine Regeln halten, die zehn Karpfen an einem Tag rausholen. Dabei ist die Fischmenge, aber auch die Schonzeit für bestimmte Arten vom Fischereiverband streng reglementiert.

Ein paar Meter weiter sitzt Zulijkics Freund, Milovan Djokić, ein passionierter Fischer seit über 40 Jahren, hier am Donaukanal seit 25 Jahren. Als Bub hat er noch bei Roter Stern Belgrad gekickt, bis er wegen Rückenproblemen seine Karriere beenden musste. Heute kann der 55-Jährige kaum eine halbe Stunde stehen, umso besser lässt es sich sitzend fischen.

Auch wenn die beiden hier an einem regulierten Kanal sitzen, müssen sie sich auf wechselnde Wasserpegel einstellen. Die Schleuse Nussdorf, an der Abzweigung des Donaukanals von der Donau flussaufwärts, sorgt nahezu für so etwas wie Ebbe und Flut im City-Fluss – je nach Öffnungsgrad der Schleuse.

Mehrmals die Woche vertreibt sich Djokić hier – kostengünstig wie produktiv – die Zeit: „Wenn ich drei Mal die Woche ins Gasthaus geh’, kostet das gleich einen Hunderter. Da sitz’ ich lieber hier und trinke zwei, drei Bier, das kommt mir billiger.“

Urbanes Angeln

Zwischen 9500 und 10.000 Fischerkarten, schätzt der Wiener Fischereiausschuss, sind in Wien aktuell im Umlauf. Um in Besitz der Karte zu kommen, muss eine zweistündige Prüfung absolviert werden (Info unter www.wiener-fischereiausschuss.at). 24 Fischereigebiete zählt allein das Stadtgebiet, darunter Donau, Donaukanal und einzelne Teiche (Info: www.fischundwasser.at).

Der Donaukanal

Nach Angaben der MA45 (Wiener Gewässer) entspricht die Wasserqualität der Donau im Allgemeinen. Nur nach Starkregen kann es sein, dass der Donaukanal verschmutzt ist. Laut Fischereiverband leben dort 60 bis 70 Arten, die sich hier auch wohlfühlen. Einzig der fehlende Rückzugsraum im regulierten Fluss und die Schifffahrt stören den Lebensraum.

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