Grüne und ÖVP warnen vor finanziellem "Desaster" bei Großprojekten

Eine Visualisierung der Wien Holding Arena, einer Eventhalle in Wien, basierend auf einem Architekturwettbewerb.
Kritik gibt es an den Mehrkosten für Eventhalle, Busterminal und Co. Der Stadt wirft man Intransparenz vor und schaltet den Stadtrechnungshof ein.

Grüne und ÖVP kooperieren für eine gemeinsame Sache, zumindest in Wien. „Das hat Seltenheitswert“, geben selbst die Klubobleute Georg Prack (Grüne) und Harald Zierfuß (ÖVP) zu. Angesicht der Schulden der Stadt wolle man jedoch „das Schlimmste“ verhindern.

Schlimmes befürchtet die Opposition aufgrund der Großprojekte von SPÖ und Neos, deren Kosten explodieren und massiven Verzögerungen unterliegen würden.

Die Mehrkosten kämen zu der „eh schon düsteren“ finanziellen Situation – gemeint ist das Budgetloch in Milliardenhöhe – hinzu.

Vorgeworfen wird der Stadt „Missmanagement“ und Intransparenz. Beim Stadtrechnungshof beantragt man daher gemeinsam die Prüfung von vier Großprojekten:

  • U2/U5-Ausbau

Das „Desaster“ rund um U2 und U5 sei das gravierendste Beispiel, sind Grüne und ÖVP überzeugt: Die veranschlagten Kosten für die vierte Ausbaustufe stiegen von ursprünglich 950 Mio. Euro auf 1,09 Mrd. Euro, und es könne noch viel mehr werden. Für die fünfte Ausbaustufe wird mit 4,36 Mrd. Euro gerechnet. Mit insgesamt rund 6,45 Mrd. Euro haben sich sie Kosten fast verdreifacht, rechnet man im Prüfantrag vor.

Beklagt wird auch, dass die Inbetriebnahme der U5 verschoben wird. Sie soll nun erst 2030 zwischen Karlsplatz und Frankhplatz pendeln. Letzterer werde somit über eine „Geister-Station“ verfügen, da die Strecke schon Jahre vorher fertiggestellt werde.

  • Eventhalle St. Marx

Die Eventhalle St. Marx, offiziell Wien Holding Arena genannt, gilt für die beiden Parteien ebenfalls als Negativbeispiel. Ursprünglich mit einem Eröffnungstermin 2024 angekündigt, ist das Projekt mehrfach verschoben worden und soll nun 2030 fertig sein.

Die Kosten haben für Prack „eine erstaunliche Entwicklung“ genommen: So sei anfangs versprochen worden, die Halle würde die Stadt keinen Euro kosten. Aktuell halte man bei Gesamtkosten von bis zu 500 Mio. Euro – wobei die Stadt 215,39 Mio. Euro zuschießt, und das an einen privaten Betreiber.

46-220504053

Klubobleute Harald Zierfuß (ÖVP) und Georg Prack (Grüne) bei der  Präsentation des gemeinsamen Prüfantrags an den Stadtrechnungshof.

  • Fernbusterminal

Seit Jahren angekündigt, und nicht realisiert, ist das Fernbusterminal. Dieser soll statt 2025 nun frühestens 2029 in Betrieb gehen. Nach dem Ausstieg der ursprünglichen Investorengruppe hat die Stadt Wien die Realisierung übernommen. Das bringe zusätzliche finanzielle Risiken. Auch bei diesem Projekt fehle es an verlässlichen Angaben zu den aktuellen Gesamtkosten.

  • Spitäler-Modernisierung

Revidiert wurden von Rot-Pink aus Spargründen auch die Zeitpläne für die Modernisierung der Spitäler. Angekündigt war gewesen, bis 2040 alle Kliniken – mit Ausnahme der Klinik Floridsdorf – zu modernisieren. Das wird sich nun deutlich verzögern.

Im Herbst wurde außerdem bekannt, dass dem bis 2030 kalkulierten Investitionsprogramm für sechs Kliniken rund 450 Mio. Euro fehlen, befürchtet werden von Grün-Türkis massive Verschlechterungen für Patientinnen und Patienten.

Erreicht werden soll durch die Prüfung, dass die Stadt verbindliche Zeitpläne und genaue Zahlen bereitstellt. Ob Projekte gestoppt werden müssen, sei dann einzeln zu beurteilen. Einig sind sich die beiden Parteien bei der Eventhalle, diese sei aufschiebbar.

Meldepflicht von Mehrkosten an den Stadtrechnungshof 

Interessantes Detail: Geprüft werden soll laut Antrag auch, ob für die Projekte eine Meldepflicht der Mehrkosten laut Stadtverfassung gilt. Diese sieht nach einer Novelle im Jahr 2023 vor, dass dem Stadtrechnungshof eine drohende Überschreitung ab 30 Prozent der Auftragssumme mit ausführlicher Begründung zu melden ist. Ob der Paragraf bisher zur Anwendung kam, ist laut Grünen allerdings unklar.

Geprüft werden sollen die Projekte während der jeweiligen Bauphasen, um auch mögliche weitere Negativentwicklungen aufzuzeigen. Man fordere „volle Kontrolle“, stellte Zierfuß klar. „Niemand garantiert, dass es nicht noch zu weiteren Verschiebungen kommt“, schloss Prack.

Kommentare