Gewaltschutz für Frauen: Schulterschluss von Frauenministerin und Bildungsminister

„Ich bin Feminist“, sagt Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos) vor einem vollen Saal mit Schülerinnen und Schülern. Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) klopft als Reaktion zustimmend laut hörbar auf den Tisch vor ihr. Die beiden erarbeiten gerade gemeinsam Maßnahmen für den „Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen“. Holzleitner hat angekündigt, diesen noch heuer präsentieren zu wollen. Acht Arbeitsgruppen sind damit befasst.
Zentral: die Verzahnung von Frauenpolitik und Bildung. „Die Vision ist ein gewaltfreies Leben vom Kindergarten bis zur Hochschule“, sagt Holzleitner. Um diese Vision möglich zu machen, braucht es aber auch Ideen – um diese zu finden, reden die zwei Minister auch mit Menschen aus der Praxis und Betroffenen.
So auch bei ihrem Besuch im Parhamer Gymnasium in Hernals. Das ist nicht irgendeine Bildungseinrichtung, die Schule hat bereits vor 14 Jahren in ihrem Leitbild „Feministisch“ als Wert verankert. Zu dem Thema werden Workshops angeboten oder auch Flashmobs organisiert, wie Direktor Bernd Vogel erklärt.
Prävention und Recht
Die Diskussion mit den Schülerinnen und Schülern verläuft erst schleppend – nach einer Weile tauen sie aber auf und haben viele Fragen an die Ministerin und den Minister. Zu deren Einstellung an sich, an wen man sich wenden kann, wenn man Dickpics, also ungewollte Fotos vom Genitalbereich bekommt (an die Polizei, Anm.), und viel dreht sich um Gewaltprävention und Rechtsprechung.
Themen, die auch in der Lebensrealität der Jugendlichen omnipräsent sind. Der Schulbesuch findet beispielsweise wenige Tage nach der Schießerei in der Leopoldstadt statt, wo ein Mann seine Ex-Partnerin und ihre Tochter getötet haben soll, und einen Tag bevor im sogenannten „Fall Anna“ zehn großteils jugendliche Burschen in einem Prozess um geschlechtliche Handlungen mit einer damals Zwölfjährigen nicht rechtskräftig freigesprochen wurden.

Diskussion in der Schule mit Wiederkehr und Holzleitner.
Realitätscheck
Holzleitner nutzt in ihren Ausführungen durchaus plakative Sätze, zum Beispiel, wenn es ums Thema Gehalt geht: „Wenn da der Männerschnupfen nicht berücksichtigt wird, muss es sich mit der Periode auch so verhalten.“ Eine Schülerin wünscht sich daraufhin, dass man im Unterricht lernt, was der Gender-Pay-Gap ist.
Die Diskussion zeigt jedenfalls deutlich, dass die Schülerinnen – und die anwesenden Schüler – von der Politik auch Antworten fordern. Es zeigt sich aber ebenso, dass es in der Realität nicht einfach ist, alles umzusetzen.
Beschluss
Die Bundesregierung hat im April die koordinierte Erstellung des „Nationalen Aktionsplans gegen Gewalt an Frauen“ beschlossen.
Präsentation
Derzeit werden in acht Arbeitsgruppen Maßnahmen erarbeitet. Präsentiert werden soll der Plan noch heuer – und zwar im Zuge der „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“.
16 Tage gegen Gewalt
Die Aktionstage finden jedes Jahr von 25. 11. bis 10. 12. statt.
Vieles, was man für den Feminismusschwerpunkt mache – Materialien erstellen, Workshops organisieren –, machen die Lehrkräfte „als Extra obendrauf“, wie sie erzählen, also unbezahlt, weil dafür keine Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, weder zeitlich noch finanziell. Es gebe zwar eine Frauenbeauftragte an der Schule, aber das wird als „Ruhm-und Ehre-Amt“ bezeichnet.
„Es wurden uns viele Themen mitgegeben“, sagen Holzleitner und Wiederkehr nachher im Gespräch mit dem KURIER. Welchen Niederschlag die Inspiration im Aktionsplan finden wird, wird sich Ende des Jahres zeigen.
Vorbildwirkung
Wiederkehr wurde „eigentlich noch nie“ angefeindet, wenn er gesagt hat, dass er Feminist ist, außer einmal im digitalen Raum, „aber das zählt nicht, da kriege ich sogar Hassnachrichten, wenn ich Babykatzen poste“.
Und warum hat Holzleitner für seinen Feminismus-Sager auf den Tisch geklopft? „Wenn ich so etwas sage, dann ist das logisch, das ist die Job Description einer Frauenministerin, aber wenn der Bildungsminister das vor jungen Menschen sagt, dann ist das ein super Vorbild“, erklärt sie. „Und es unterstreicht etwas ganz Wichtiges: Gewaltschutz ist nicht nur ein Projekt für Frauen, Gleichberechtigung geht nur gemeinsam.“
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