Frauenministerin: "Es macht mich tief betroffen und wütend"

FRAUENTAG: PK "INTERNATIONALER FRAUENTAG": HOLZLEITNER
Wie die Politik auf den jüngsten Femizid reagiert und was Experten und Expertinnen fordern.

“Mein erster Gedanke gilt immer den Opfern und ihren Angehörigen. Ein Menschenleben wurde auf brutale Weise ausgelöscht – das macht mich tief betroffen und wütend zugleich. Jede dieser Taten ist ein dramatischer Beleg dafür, dass wir Gewalt gegen Frauen gesamtgesellschaftlich konsequent und umfassend bekämpfen müssen”, sagt Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner nach der Gewalttat in Wien-Leopoldstadt. 

Bereits am 23. April 2025 beschloss die österreichische Bundesregierung die Erarbeitung eines Nationalen Aktionsplans gegen Gewalt an Frauen (NAP). “Die acht Arbeits- und ihre Untergruppen haben über den Sommer intensiv gearbeitet, um unseren ambitionierten Zeitplan einzuhalten. Wir wollen den Nationalen Aktionsplan noch in diesem Jahr vorlegen und beschließen. Gewalt gegen Frauen duldet keinen Aufschub”, sagt Holzleitner weiter. 

Hier geschah das Verbrechen in Wien-Leopoldstadt

Hier geschah das Verbrechen in Wien-Leopoldstadt

Außerdem habe die Bundesregierung den Sommer über intensiv an der Verschärfung des Waffenrechts gearbeitet. Im September ist ein Gesetzesentwurf in Begutachtung gegangen. Dieser sieht unter anderem strengere Altersgrenzen, verpflichtende Abkühlphasen beim Kauf einer Waffe, mehrstufige psychologische Tests und eine Ausweitung der Waffenbesitzkarte vor. Die neuen Regelungen sollen auch rückwirkend für Waffenkäufe seit dem 1. Juni 2025 gelten. “Damit führen wir das Waffenrecht in das 21. Jahrhundert und stellen sicher, dass der Zugang zu Waffen deutlich stärker kontrolliert wird”, sagt Holzleitner. 

"Unfassbare" Taten 

Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, fordert entschlossenes Handeln von der Politik. „Es ist dringend notwendig, einen Krisenstab einzusetzen, der sich ausschließlich mit allen Formen von Gewalt gegen Frauen und den zugrunde liegenden Ursachen befasst – und zwar dauerhaft“, betont Frieben im Gespräch. Bisher werde nach jedem Femizid kurz diskutiert, danach kehre die Politik jedoch rasch zur Tagesordnung zurück. „Das geht nicht mehr. Wir fordern jetzt diesen Krisenstab.”

AKTION ÖSTERREICHISCHER FRAUENRING (ÖFR) "SCHREITAG GEGEN FEMIZIDE" - AUFSCHREI GEGEN FRAUENMORDE: FRIEBEN

Klaudia Frieben beim "Schreitag gegen Femizide"

Holzleitner verweist dazu erneut auf den Nationalen Aktionsplan sowie auf die sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen, bei denen die relevanten Akteure und Experten miteinbezogen werden und die dadurch den Schutz betroffener Frauen verbessern. “Selbstverständlich bin ich offen, weitere sinnvolle Formen der Zusammenarbeit und Koordination einzurichten, wenn sie den Schutz von Frauen wirksam stärken”, so Holzleitner. 

Als zentrale Ursache dieser “unfassbaren” Taten sieht Frieben die patriarchalen Strukturen. „Warum schießt ein Mann auf eine Frau? Weil in den Köpfen vieler Männer noch immer das Bild verankert ist: Die Frau ist ihr Eigentum, über sie darf man herrschen. Dieses patriarchale Denken muss endlich überwunden werden“, sagt Frieben. Der Schlüssel dazu liege langfristig in Bildung, kurzfristig brauche es jedoch konkrete Maßnahmen. Polizei, Justiz und die involvierten Ministerien seien gefordert, Gewalt gegen Frauen endlich als eine der größten Krisen dieses Landes zu behandeln. „Frauenleben müssen von der Politik entsprechend wertgeschätzt werden.” Neben politischen Schritten richtet Frieben auch einen Appell an betroffene Frauen: „Holen Sie sich Hilfe. Wenden Sie sich an die Frauenhelpline, im Akutfall sofort an die Polizei.” 

Gerechtigkeit und Verantwortung

Dass vor allem Männer Verantwortung übernehmen müssen, sieht auch Maria Rösslhumer so. Sie ist Vorsitzende des Vereins StoP-Stadtteile ohne Partnergewalt und sagt außerdem: “Die von Männergewalt betroffenen Frauen wünschen sich Gerechtigkeit vom Staat.” Während die Ermittlungen zu der Tat am Mittwochvormittag auf Hochtouren liefen, fand zeitgleich eine StoP-Pressekonferenz statt, die “Männer mit Haltung” zum Thema hatte. Zu Beginn hielten Rösslhumer und die Diskutanten eine Schweigeminute ab. 

Diskussion zu Gewalt gegen Frauen

Diskussion zu Gewalt gegen Frauen im Presseclub Concordia

Am Podium saß u.a. der Jurist und Richter Oliver Scheiber. Er sieht im Umgang mit Gewalt gegen Frauen dringenden Reformbedarf. „Wir leiden immer noch an der mangelhaften Vernetzung der Behörden“, betont er. Nötig seien bessere Prognoseinstrumente, mehr Fallkonferenzen und Kommunikation „auf kurzem Weg“. Für Betroffene sei insgesamt vor allem entscheidend, dass ihre Situation von den unterschiedlichen Behörden ernst genommen werde. 

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